Erbitterte Debatte in Großbritannien Keine Entspannung an der Fuchsjagd-Front

Ibstone · Tierquälerei kontra Tradition: Auch zehn Jahre nach dem Verbot der Fuchsjagd mit Hunden spaltet der Streit die Briten. Die neuen Regeln sorgen in beiden Lagern für Unmut.

Fuchsjagd: Der Adel auf den Barrikaden
13 Bilder

Fuchsjagd: Der Adel auf den Barrikaden

13 Bilder
Foto: AFP

Jäger mit leuchtend roten Jacken, edle Pferde mit glänzenden Mähnen und begierige Hunde: Bei Anhängern der traditionellen englischen Fuchsjagd schlägt bei diesem Anblick das Herz vor Freude höher, bei Gegnern vor Empörung. Vor zehn Jahren wurde die Jagd mit einer Hundemeute verboten, der Streit aber geht weiter. Beide Seiten sind mit dem Gesetz unzufrieden.

"Die Menschen auf dem Land stehen hinter der Jagd", ist Mike Murray überzeugt. Er ist nach Ibstone westlich von London gekommen, um Zeuge einer Jagd zu werden - allerdings nach den neuen Regeln. Seit Februar 2005 dürfen Hunde nicht mehr bei der Fuchsjagd in England und Wales eingesetzt werden, um die Beute zu töten. In Ibstone folgen die Hunde und die Jäger zu Pferde nun einer vorab gelegten Fuchsspur. Das Jagderlebnis bleibt. Der Höhepunkt, das Zerreißen der Beute, fehlt.

Es sei denn, es kreuzt doch ein Fuchs den Weg und die Hunde lassen sich nicht abschütteln. Dann könnte das ganze Regelwerk zur reinen Theorie werden. "Wir halten uns so gut wir können an das Gesetz, aber das kann natürlich sehr schwierig sein", sagt Jäger Gerald Sumner. "Wir reiten auf dem Land, hier gibt es Füchse, ein Fuchs springt heraus, und plötzlich sind wir Kriminelle."

Anhänger der Jagd sprechen von "unabsichtlicher Verfolgung", die nun einmal passieren könne. Tierschützer hingegen bezweifeln, dass es sich um Einzelfälle handelt. Die "Liga gegen grausame Sportarten" wirft den Jägern gar hinterhältige Methoden vor, um das Verbot zu umgehen. Freiwillige rücken mit Kameras aus und filmen die Jagden, um mögliche Verstöße belegen zu können.

Streit schwelt seit Jahrzehnten

Seit Jahrzehnten spaltet der Streit über die Fuchsjagd Großbritannien. Während die Anhänger die Tradition beschwören, das Gemeinschaftserlebnis und die wirtschaftliche Bedeutung für die Provinz, sehen Gegner darin vor allem eins: Tierquälerei. Sie kritisieren die Jagd als grausames Hobby einer reichen ländlichen Elite.

Die Reiter in Ibstone passen nicht allesamt in dieses Raster. Hier sind auch ein Lokführer, ein Gebrauchtwagenverkäufer und ein Nachtclubbesitzer vertreten. "Es geht mehr um Gemeinschaft und Geselligkeit, um Gespräche und ums Zusammenhalten auf dem Land", sagt Fiona Mohammadi, Inhaberin eines Brillengeschäfts und selbst seit 25 Jahren dabei.

Tausende Briten verfolgen noch immer allwöchentlich die Fuchsjagden. Den Widerstand der Gegner nehmen viele persönlich. Das Verbot habe "nichts mit Tierschutz zu tun", protestiert Tim Bonner von der Pro-Jagd-Vereinigung "Allianz fürs Land". "Es ging um Politik. Dies haben sich jene zur Kampfesarena erkoren, die das ländliche Leben demontieren wollen."

Die schönen Worte über Gemeinschaft und Tradition könnten die Grausamkeit des Sportes nicht überdecken, halten Jagdgegner entgegen. "Man misst Traditionen nicht nur in Jahren", sagt Michael Stephenson von der "Liga gegen grausame Sportarten". Sie müssten schließlich auch Werte und Haltungen der Gesellschaft widerspiegeln. "Es gibt noch eine viel wichtigere Tradition: Die Briten sind eine Nation von Tierfreunden."

Die Gräben sind tief. Wenn radikale Anhänger und Gegner der Jagd aufeinandertreffen, sind Beleidigungen keine Seltenheit. Immer wieder kommt es auch zu Handgreiflichkeiten. Über die derzeitige Gesetzeslage äußern beide Seiten lautstark Unmut.

Der Tierschutzverband RSCPA fordert von der Polizei ein besseres Durchgreifen bei Verstößen gegen das Gesetz. Andere Gruppen verlangen insgesamt strengere Regeln, Gefängnisstrafen statt Bußgelder für Fuchsjagdsünder oder gleich ein Komplettverbot.

Die "Allianz fürs Land" hingegen kämpft für eine Aufhebung des Verbots. Sie fordert, dass Premierminister David Cameron im Parlament abstimmen lässt, wenn sich seine Konservativen bei der Wahl im Mai die Mehrheit sichern. Die Politik jedoch hält sich derzeit zurück.

Ex-Premierminister Tony Blair, dessen Labour-Partei das Verbot vor zehn Jahren durchsetzte, hatte zuvor mehrere vergebliche Anläufe genommen. Im Nachhinein zweifelte er selbst an der Sinnhaftigkeit seines Vorstoßes. Er habe unterschätzt, dass die Jagd für viele Landbewohner einfach dazu gehöre, sagte er. Hunderttausende aufgebrachte Briten demonstrierten damals gegen Blairs Pläne, einige stürmten sogar das Parlamentsgebäude. Umfragen aber belegen, dass eine Mehrzahl der Briten hinter dem Verbot steht.

(ap)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort