Entscheidung frühestens am Dienstag Silvio Berlusconi, der Altenpfleger?

Rom · Er hat alles getan, um auch im Alter noch jugendlich zu erscheinen. Ist es vorstellbar, dass ausgerechnet Berlusconi nun ältere Menschen pflegt? Ein Gericht entscheidet, ob es die rechte Strafe für ihn ist.

Silvio Berlusconi, der Altenpfleger?
Foto: afp, sd

Seine ersten Engagements hatte Silvio Berlusconi als junger Sänger auf Kreuzfahrtschiffen oder in Nachtclubs. Gegen Ende seiner turbulenten Karriere könnte der Milliardär und Medienzar (77) aus Mailand nun betagte und behinderte Menschen in einem Heim pflegen müssen. Und vielleicht auch diese dann mit jenen fragwürdigen Witzen erheitern, für die er berüchtigt ist. Noch ist es aber nicht soweit.

In seiner lombardischen Heimatstadt muss zuerst entschieden werden, wie der wegen Steuerbetrugs verurteilte Politiker und Populist seine Reststrafe von einem Jahr verbüßen soll: Kommt er unter Hausarrest, oder darf er einen Sozialdienst "zum Wohl der Gesellschaft" leisten? Die Entscheidung soll frühestens am Dienstag verkündet werden, wie das Gericht in Mailand am Donnerstag nach einer Anhörung mitteilte.

Hinter Gitter muss Silvio Berlusconi wegen seines hohen Alters - Ende September wird er 78 - jedenfalls nicht mehr. Was Italiens Justiz ihm dafür einräumt, das passt dem dreifachen früheren Ministerpräsidenten so oder so aber auch nicht. Luxuriös mit seiner jungen Verlobten im Hausarrest in einer seiner Villen eingesperrt, von der Politik in Rom praktisch abgeschnitten, geht aus seiner Sicht nun überhaupt nicht.

Also plädiert er, wenn auch widerwillig, für den Dienst an der Gemeinschaft. Klos zu putzen fände er aber unwürdig, so machte Berlusconi deutlich, und eigentlich hat er in den Jahrzehnten als Unternehmer und als Politiker doch schon genug für Italien getan!

Sollte dieser Mann dazu verurteilt werden, Senioren mit Krücken zur Hand zu sein, Laufgestelle zu schieben oder Kranke zu füttern, dann muss er auch mit Häme rechnen. Die liberale Turiner "La Stampa" hat damit schon begonnen: "Ein Alter unter den Alten, er, der auf ein Lifting zurückgegriffen hat, auf eine Haarverpflanzung, der mit Schminke Falten kaschiert und den körperlichen Verfall auf jede Weise hinausgezögert hat!"

Über Italien hinaus ist Berlusconi bisher vor allem dafür bekannt, dass er sich gern mit jungen Frauen umgibt, und wie ein ewig junger Mann sein Lachen und Dynamik zeigt.

Ins Altenheim will Berlusconi offensichtlich wirklich nicht so gern. Die Mailänder Justiz hat das zwar dem Gericht vorgeschlagen und auch schon eine Einrichtung für Senioren und Behinderte nahe der Residenz Arcore des Verurteilten ausgesucht. Doch dieser möchte diesen Alten nicht zu nahe treten, will allein körperlich und geistig Behinderten neue Hoffnung und Auftrieb geben.

Das lesen die Medien jedenfalls aus einem Dokument der Berlusconi-Verteidiger Niccolò Ghedini und Franco Coppi heraus. Wie auch immer es kommt, ein Sozialdienst Berlusconis dürfte sich sowieso auf höchstens einen Tag in der Woche begrenzen. Und sein soziales "Restjahr" könnte sich auch noch einmal verkürzen.

Aus dem Senat haben sie ihn geworfen, öffentliche Ämter sind ihm untersagt, seine Mitte-Rechts-Partei Forza Italia (FI) steckt in der Krise und muss ohne den Leitwolf der letzten zwei Jahrzehnte Ende Mai in die Europawahl gehen. Wird er denn geläutert und rehabilitiert aus einem möglichen Sozialdienst herauskommen? Schwer vorstellbar, denn es laufen noch andere Prozesse, weitere Verurteilungen sind denkbar.

Doch zunächst müssen, wie im Ruby-Prozess um Sex mit minderjährigen Prostituierten, unter anderem nun drei Frauen über ihn befinden: Eine Richterin, eine Kriminologin und eine Soziologin stellen für ihn die Weichen mit - doch der strenge Hausarrest oder besser Sozialdienst?

(dpa)
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