Arabische Großfamilien Polizisten wollen Taskforce gegen kriminelle Banden

Berlin (RPO). Nach einem Schusswechsel in Berlin-Neukölln, an dem offenbar Angehörige krimineller arabischer Großfamilien beteiligt waren, fordert die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) Berlin sofortige Maßnahmen von der Politik. Nötig sei eine "Taskforce" aus verschiedenen Verwaltungen, sagte der Landesvorsitzende Bodo Pfalzgraf am Freitag.

Die kriminellen Familien bewiesen ständig, "dass ihnen deutsches Recht völlig egal ist". Sie müssten spüren, "dass es der Staat ernst meint", sagte Pfalzgraf. Die Taskforce könne staatliche Transferleistungen oder die Erteilung einer Gewerbeerlaubnis an die Großfamilien überprüfen, sagte Pfalzgraf. Neben Polizei und Justiz müssten auch Gewerbeämter, Sozialämter und Steuerfahndung beteiligt sein.

Buschkowsky: Organisierte Kriminalität werde Sie nie erlegen

Der Bezirksbürgermeister von Neukölln, Heinz Buschkowsky (SPD), sagte, wenn es sich um eine Auseinandersetzung zwischen kriminellen Großfamilien gehandelt haben sollte, dann könne man davon ausgehen, dass es um Revierstreitigkeiten ging. Derartigen Auseinandersetzungen sei kaum präventiv zu begegnen. "Organisierte Kriminalität werden Sie nie erlegen", sagte Buschkowsky. Das lehre schon die Tradition des langen Kampfes gegen die Mafia in Italien oder in den USA. "Man kann immer nur einzelne Menschen oder konkrete Gruppen aufgrund einer bestimmten Straftat festsetzen und aburteilen." Buschkowsky zufolge gibt es in Berlin etwa 15 bis 20 Großfamilien, "die sich im Dunstkreis der Kriminalität bewegen" und die zum Teil bis ins europäische Ausland vernetzt sind.

Auch integrationspolitisch sei dem Problem nicht beizukommen. Laut Buschkowsky hat sich nicht nur in Berlin, sondern auch in anderen Großstädten eine kriminelle Szene gebildet, die in einer Parallelgesellschaft der Unterwelt lebt. Das sei kein wirklich neues Phänomen und auch nicht auf Zuwanderer beschränkt. "Die Vorstellung, dass das Sozialarbeiter regeln sollten, ist mehr als nur sozialromantisch", sagte Buschkowsky weiter.

Das bestätigt auch Gilles Duhem, der jahrelang Quartiersmanager im Neuköllner Rollbergkiez war. "Es gibt Revierkämpfe, es geht um Macht und Geld", sagte er. Aber es sei wie bei der Mafia in Neapel: Die organisierte Kriminalität werde kaum wahrgenommen. "Womit man hier Probleme hat, sind irgendwelche Halbstarken, die Ärger machen." Der gelernte Politologe und Stadtplaner leistet heute mit dem Förderverein Gemeinschaftshaus Morus 14 Sozialarbeit im Kiez, beispielsweise durch gemeinsame Kochabende oder Hausaufgabenhilfe.

Bildung ist für ihn der Schlüssel, auch um der organisierten Kriminalität im Kiez Herr zu werden. Wer nicht lesen und schreiben könne, der müsse sich eben andere Wege suchen, um an Geld zu kommen. Eine gute Schulbildung würde "ganz andere Perspektiven eröffnen", sagt Duhem. "Hier versagt die Politik total", kritisiert er.

Juhnke fordert mehr Personal für Polizei

Der innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Robbin Juhnke, sagte, es handle sich um ein strukturelles Problem. Familienclans versuchten, "teilweise erfolgreich nach ihren eigenen Gesetzen zu leben". Sie reklamierten ganze Gegenden als ihr Clanterritorium und betrieben von dort Drogenhandel und organisierte Kriminalität.

Juhnke forderte mehr Polizeipräsenz in den betroffenen Kiezen. Dafür müsse die Berliner Polizei aber mehr Personal erhalten. Sie sei "nicht ausreichend bestückt für ihre Aufgaben". Zudem müssten die Möglichkeiten des Ausländerrechts ausgeschöpft werden. Diejenigen, die gegen Auflagen verstoßen, müssten konsequent ausgewiesen werden.

In Neukölln waren am Donnerstagabend bei einer Schießerei zwei Personen leicht verletzt worden. Hintergrund der Tat ist nach Polizeiangaben offenbar ein Konflikt zwischen arabischen Großfamilien. Die Tat ereignete sich in der Emser Straße zwischen Hermannstraße und Boberstraße. Bei den Verletzten handelt es sich um einen 19- und einen 28-Jährigen arabischer Abstammung. Sie wollten sich zunächst nicht zu der Schießerei äußern. Beide sind den Behörden als sogenannte Intensivtäter bekannt. Als solche werden bei Polizei und Staatsanwaltschaft Straftäter geführt, die im Jahr mindestens zehn gravierende Delikte begehen.

(DDP/awei)
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