Experten gegen Erdgas-Fördertechnik Remmel: Es wird kein Fracking in NRW geben

Düsseldorf · In Nordrhein-Westfalen wird es keine Genehmigungen für Erdgas-Förderungen mit der umstrittenen Fracking-Bohrtechnologie geben. Darauf haben sich die Landesministerien für Umwelt und Wirtschaft geeinigt.

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Foto: ddp

"Der Schutz der Menschen und der Umwelt hat für die Landesregierung oberste Priorität", sagte NRW-Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) am Freitag in Düsseldorf. Konventionelle Bohrungen bleiben erlaubt.

Remmel und Landeswirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) stellten eine Risiko-Studie zum Fracking vor. Bei diesem Verfahren wird unter hohem Druck ein Chemikalien-Wasser-Sand-Gemisch in den Boden gepresst. Diese Flüssigkeiten haben nach Ansicht der Gutachter hohes Gefährdungspotenzial für Mensch und Umwelt. Zu diesem Ergebnis seien zuvor auch Studien für das Bundesumweltministerium und für den Energiekonzern ExxonMobil gekommen, stellte Remmel fest.

Bohrungen mit giftigen Chemikalien werde es daher mit der rot-grünen Landesregierung nicht geben, unterstrich Remmel. "Nicht nur auf absehbare Zeit - sondern grundsätzlich." Ungefährliche Alternativ-Substanzen stünden nicht zur Verfügung.

Das von der Landesregierung beauftragte Ingenieur-Konsortium empfiehlt, einer Erdgasförderung mit Fracking nicht zuzustimmen, solange grundlegende Voraussetzungen fehlten. Entscheidend seien weniger belastende Fracking-Zusätze. Völlig ungeklärt sei darüber hinaus die Entsorgung der Lagerstättenwässer und Rückstände. Insgesamt sei die Datenlage unsicher. In NRW fehlten noch standortspezifische geologische und hydrochemische Analysen.

Die Gutachter empfehlen, vor allem in Wasser- und Heilquellenschutzgebieten, Trinkwasserversorgungszonen sowie im Bereich von Mineralwasservorkommen keinerlei Aktivitäten zur Erschließung der sogenannten unkonventionellen Erdgasvorkommen zuzulassen. Außerhalb solcher Gebiete könnten "normale Bohrungen ohne Fracking" aber ebenso zugelassen werden wie bei der Suche nach Kohle, Salzen oder Erdwärme, erläuterte Duin.

"Im Industrieland Nordrhein-Westfalen können wir die Tür zum Vorkommen unkonventionellen Erdgases nicht zuschlagen." Viele Erkenntnisse über Bodenschätze und Bodenbeschaffenheit seien auch ohne Fracking zu gewinnen.

"Mittleres bis hohes Gefährdungspotenzial"

"Bislang wurden mindestens 112 Stoffe/Stoffgemische bei Frack-Maßnahmen in Deutschland eingesetzt", heißt es in dem Kurzgutachten. Für Mensch und Umwelt wiesen sie "ein mittleres bis hohes Gefährdungspotenzial" auf. Selbst in neueren Gemischen seien besorgniserregende Zusätze mit sehr giftigen, krebserregenden und erbgutverändernden Eigenschaften festgestellt worden.

Sogar eine radioaktive Strahlenbelastung der Bevölkerung schlossen die Gutachter nicht aus. Dies könne auftreten, wenn Lagerstättenwasser und Rückstände unkontrolliert ins Grundwasser gelangten und über kontaminiertes Trinkwasser und die Nahrungsmittelproduktion aufgenommen würden.

Die Gutachter empfahlen, insbesondere für die in NRW bedeutsamen Kohlegasvorkommen zu prüfen, "ob die Fracking-Technologie notwendigerweise zum Einsatz kommen muss." Auch die Frage, ob sich die Erdgas-Gewinnung in NRW wirtschaftlich überhaupt lohne, sei völlig offen. Die über 800 Seiten starke Langfassung des Gutachtens soll in der kommenden Woche ins Internet gestellt werden.

(dpa)
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