Salafisten wollen 25 Millionen Büchern verteilen Ulmer Druckerei stoppt Koran-Auslieferung

Berlin · Die Ulmer Druckerei Ebner & Spiegel stoppt die Produktion der Gratis-Korane, die bundesweit von Islamisten verteilt werden. Unterdessen hat die Politik die kostenlose Verteilung von 25 Millionen Koran-Exemplaren durch radikale Salafisten scharf kritisiert.

Fakten zum Salafismus in Deutschland
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Foto: afp, FETHI BELAID

"Wir werden die Auslieferung stoppen und juristisch prüfen, welche Folgen sich daraus ergeben", sagte der Sprecher des deutschen Mutterunternehmens CPI in Leck, berichtet die "Die Welt".

Seit Oktober 2011 hat die Druckerei im Auftrag einer Organisation namens "Die wahre Religion" mehr als 300.000 Korane ausgeliefert. Die 500-seitigen Bücher beinhalten eine kommentarlose deutsche Übersetzung des Korans. Sie werden derzeit bundesweit kostenlos in Fußgängerzonen verteilt. Mit dem Projekt "Lies!" wollen Angehörige der radikalislamischen Salafisten Nichtmuslime missionieren. Ziel der Aktion ist es, 25 Millionen Korane an deutsche Haushalte zu verteilen.

Salafismus wird von Experten als besonders radikale Islam-Strömung eingestuft. Am Mittwoch hatten Politiker von CDU, SPD und Grünen sowie der Zentralrat der Muslime und kirchliche Organisationen die Verteilaktion scharf kritisiert. Politiker forderten eine geheimdienstliche Überwachung.

Das Mutter-Unternehmen habe erst aufgrund der Medienberichterstattung von der Aktion "Lies!" erfahren, sagte der Sprecher. "Wir drucken nichts, was extrem im Sinne von islamistisch ist." Seit November 2011 seien zwar drei Mal Mitarbeiter von Kriminalpolizei und Verfassungsschutz in der Druckerei in Ulm gewesen und hätten Koran-Exemplare mitgenommen, diese dann aber als unbedenklich eingestuft. "Wir haben kooperiert, wir haben Auftraggeber, Rechnungen und Überweisungen offengelegt", sagte der Sprecher. Von der aktuellen Empörungswelle sei CPI, die Tochter einer Pariser Holding, daher überrascht.

Union: Aktion muss gestoppt werden

Unions-Fraktionsvize Günter Krings (CDU) sagte unserer Redaktion: "Wo immer dies möglich ist, muss diese aggressive Aktion gestoppt werden." Auch Politiker von Grünen und SPD wandten sich gegen die Aktion. Radikalislamistische Salafisten hatten erklärt, in Fußgängerzonen von Großstädten und im Internet 25 Millionen Koran-Exemplare an Nichtmuslime abgeben zu wollen.

Der NRW-Verfassungsschutz beobachtet die Vorgänge. Die Aktion sei aktueller Ausdruck der offensiven Missionierungsarbeit dieser islamistischen Strömung, erklärte das NRW-Innenministerium am Mittwoch. "Was sich als reine Koranverteilaktion präsentiert, ist in Wahrheit die subtile Verbreitung der salafistischen Ideologie", sagte ein Sprecher. Für dieses Wochenende hat die extremistische Gruppierung in mehreren Städten, auch in Nordrhein-Westfalen, Aktionen angekündigt, bei denen der Koran verteilt werden soll.

Krings sagte: "Zwar ist gegen das Verbreiten religiöser Schriften prinzipiell wenig einzuwenden." Es komme aber auf den Absender an. "Die radikale Gruppe der Salafisten stört mit ihrem aggressiven Vorgehen den religiösen Frieden in unserem Land", sagte er. Insbesondere vor Schulen sei das Verteilen des Korans nicht hinnehmbar. Wo es nicht zu verhindern sei, müsse es von den Behörden überwacht werden, damit Straf- und Ordnungsrecht eingehalten würden.

Verfassungsschutz warnt

Verfassungsschutzpräsident Heinz Fromm hatte im Sommer gewarnt: "Nicht jeder Salafist ist ein Terrorist. Aber fast alle Terroristen, die wir kennen, hatten Kontakt zu Salafisten oder sind Salafisten." Auch der Frankfurter Attentäter vom März 2011 hatte im Internet Kontakte zu Salafisten. Der Mann schoss auf US-Soldaten und verletzte zwei davon tödlich. Salafisten vertreten einen rückwärtsgewandten Ur-Islam und lehnen jede theologische Modernisierung ab. Als Rechtsordnung hat für sie nur die Scharia Gültigkeit.

Vor diesem Hintergrund stößt die Koran-Aktion der Salafisten um den Kölner Geschäftsmann und Predigar Ibrahim Ab Nagie auch bei der SPD im Bundestag auf Kritik. "Die breit angelegte Verteilaktion von Gratisexemplaren des Korans durch Salafisten betrachte ich mit großer Sorge", sagte die kirchenpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Kerstin Griese, der Zeitung "Die Welt".

Grünen-Parteichef Cem Özdemir sagte der Zeitung: "Ich habe mit allen religiösen Gruppen ein Problem, die ihr Weltbild über das Grundgesetz und die Menschenrechte stellen. Das gilt auch für jene Salafisten, die zur Gewalt aufrufen und mit ihrer Ideologie als Stichwortgeber für den islamistischen Terrorismus agieren."

Die Koran-Verteilung sei eine Werbestrategie von Radikalen, sagte der Grünen-Chef. "Es ist offensichtlich, dass mit dieser Aktion die Strategie verfolgt wird, sich als Sprachrohr der Muslime darzustellen und den vermeintlich einzig wahren Islam zu propagieren. Das darf man den Salafisten nicht durchgehen lassen." Die übergroße Mehrheit der Muslime habe aber mit islamischem Fundamentalismus nichts am Hut.

(KNA)
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