Urteil in Gera 39 Monate Haft für Brandanschlag auf Asylbewerberunterkunft

Gera · Während die Zahl von Angriffen auf Asylbewerberheime massiv angestiegen ist, ist ein 29-jähriger Mann zu dreieinviertel Jahren Haft verurteilt worden, weil er einen Brandanschlag auf eine Asylbewerberunterkunft im thüringischen Altenburg verübt hat.

Flüchtlingsheime NRW: Anschläge in 2015
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NRW: Gewalt gegen Flüchtlingsheime 2015

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Foto: dpa, mb fdt

Das Landgericht Gera erklärte ihn in seinem Urteil am Montag unter anderem der fahrlässigen Brandstiftung für schuldig. Im Treppenhaus waren am 7. Dezember Papier und mehrere abgestellte Kinderwagen in Brand gesteckt worden. Durch den Rauch wurden neun Menschen verletzt, darunter ein zwei Monate altes Baby.

Der Angeklagte habe aus ausländerfeindlichen Motiven gehandelt und das Haus anzünden oder zumindest die Bewohner in Angst und Schrecken versetzen wollen, sagte der Vorsitzende Richter in der Begründung. Ein mitangeklagter 31-Jähriger wurde vom Vorwurf der Brandstiftung freigesprochen, muss aber wegen Nazi-Parolen eine Geldstrafe zahlen.

Gesamtzahl der Angriffe steigt massiv

Insgesamt reißen die Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte in Deutschland nicht ab. Im ersten Halbjahr habe es bereits 563 Straftaten gegeben, darunter 51 Brandstiftungen, sagte der Kriminaldirektor beim Bundeskriminalamt (BKA), Marc Schmitz, bei einer Tagung der ostdeutschen Verfassungsschützer in Erfurt. Die Behörden hätten 97 Gewaltdelikte gegen Asylunterkünfte registriert. "Dass es noch keine Toten gab, ist reines Glück."

Ungefähr zwei Drittel der festgestellten Straftäter mit rechter Motivation seien bisher bei Verfassungsschutz und Staatsschutz nicht aktenkundig gewesen, erklärte Thüringens Verfassungsschutzchef Stephan Kramer. Es sprach von einer "sehr hohen Zahl". Seit diesem Jahr listet das Bundeskriminalamt gesondert Delikte gegen Flüchtlinge außerhalb ihrer Unterkünfte auf. Demnach seien sie bislang 824 Straftaten ausgesetzt gewesen - zum Beispiel auf öffentlichen Plätzen oder an Bushaltestellen.

In 202 Fällen habe es Angriffe gegen "Amts- und Mandatsträger" gegeben, erklärte der BKA-Beamte. Darunter fallen etwa Politiker, die sich mit der Flüchtlingsproblematik beschäftigen, Polizisten und Sozialarbeiter.

Einer Umfrage zufolge ist schon fast jeder zweite Bürgermeister wegen seiner Flüchtlingspolitik beschimpft oder persönlich beleidigt worden. Das Spektrum reicht von Verunglimpfungen und beleidigenden Mails über Schmierereien an Hauswänden bis hin zu toten Ratten vor der Haustür, wie einer Umfrage des Magazins "Kommunal" (Montag) unter 1000 Bürgermeistern ergab. 6 Prozent der Befragten gaben an, körperlich angegriffen worden zu sein, davon die Hälfte im Zusammenhang mit der Flüchtlingspolitik.

Bei den Attacken auf Asylbewerberheime stammten laut einer BKA-Analyse fast 78 Prozent der Täter aus dem gleichen Ort. Jeder zweite handelte demnach allein.

(felt/dpa)
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