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Neuer Fall "Im Schmerz geboren" "Tatort"-Rekord: 47 Leichen in 90 Minuten

Wiesbaden · Der neue Fall "Im Schmerz geboren" mit Ulrich Tukur ist grandios - eine Mischung aus Shakespeare und Tarantino.

Ulrich Tukur im Tatort "Im Schmerz geboren"
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Der Tatort "Im Schmerz geboren" mit Ulrich Tukur

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Die "Tatort"-Fälle aus Wiesbaden mit Ulrich Tukur in der Hauptrolle sind für ihren künstlerischen Anspruch bekannt bis berüchtigt. In der Vergangenheit schossen die Autoren schon mal übers Ziel hinaus. Krimis für Oberstudienräte sozusagen. Auch der aktuelle Fall bricht mit alten Sehgewohnheiten, bietet dabei aber packende Unterhaltung, glänzende Dialoge und herausragende Schauspieler. Für den Ermittler wird es dabei persönlich.

LKA-Sonderermittler Felix Murot (Ulrich Tukur) wird im Fall "Im Schmerz geboren" mit der eigenen Vergangenheit konfrontiert. Sein alter Freund Richard Harloff (glänzend gespielt von Ulrich Matthes) taucht plötzlich wieder in Deutschland auf. Auf der Polizeischule waren Murot und Harloff unzertrennliche Freunde. Inspiriert von ihrem Lieblingsfilm "Jules und Jim" mit Jeanne Moreau teilten sich die jungen Männer sogar die Liebe zur selben Frau. Die Freundschaft zerbrach, als der Polizeischüler Harloff bei einer Razzia Drogen stahl und sich mit Murots großer Liebe nach Südamerika absetzte. Weil er glaubt, Murot habe ihn beim Ausbilder verraten, schmiedet er einen teuflischen Racheplan, der das Leben seines ehemaligen Freundes für immer zerstören soll.

Florian Schwarz (Regie) und Michael Proehl (Drehbuch) ist eine Mischung aus klassischem Shakespeare-Drama und überzeichnetem Italo-Western gelungen, die der deutsche Krimifan so noch nicht gesehen hat. Eine der Figuren wendet sich wie im Theater vor jedem neuen Akt des Dramas direkt an den Zuschauer und erläutert in Versform das Geschehen. Die Hintergrundmusik kommt nicht vom Band, sondern wurde eigens vom Sinfonieorchester des Hessischen Rundfunks eingespielt. Am Ende von zentralen Szenen friert das Bild ein und verwandelt sich langsam in eine Leinwand. Eine Technik, mit der Fans von Kult-Regisseur Quentin Tarantino bestens vertraut sind. Diese gekonnt erzeugte Atmosphäre wird gebrochen durch dramaturgisch überzeichnete Schießereien, die an Western von Sergio Leone erinnern. Der erste (Dreifach-)Mord des Films wurde zum Beispiel in Gänze beim Klassiker "Spiel mir das Lied vom Tod" entlehnt.

Am Ende der 90 Minuten zählt der Zuschauer 47 Leichen. Damit löst Ulrich Tukur Til Schweiger ab, der bislang im "Tatort" mit den meisten Toten (immerhin 19) zu sehen war. Von einer dumpfen Gewaltorgie ist "Im Schmerz geboren" dennoch weit entfernt. Der kluge Krimi hält die Spannung bis zum Schluss. Auch deshalb, weil der Zuschauer langsam ahnt, dass Harloff für viel mehr Rache nehmen will als nur für einen gescheiterten Drogendeal. Und so steht am Ende Murots Assistentin Magda Wächter (sehenswert: Barbara Philipp) vor einem moralischen Dilemma, das sich auch Shakespeare selbst nicht viel dramatischer hätte ausdenken können.

Preise gewann der Film bereits vor seiner Erstausstrahlung. Beim "Festival des deutschen Films" bekam er mehrere Auszeichnungen, darunter den Publikumspreis 2014. Und in der Tat: Dem Hessischen Rundfunk ist ein Kunstwerk gelungen, an dem nicht nur Oberstudienräte viel Freude haben werden.

"Tatort" - "Im Schmerz geboren", ARD, So., 20.15 Uhr

(RP)
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