Regensburg Freispruch zweiter Klasse für Gewalttäter Mollath

Regensburg · Freispruch für Gustl Mollath, aber keine volle Rehabilitierung: Rund ein Jahr nach seiner Entlassung aus der Psychiatrie hat das Landgericht Regensburg den 57-Jährigen im Wiederaufnahmeverfahren freigesprochen. Allerdings befand es den jahrelang gegen seinen Willen Festgehaltenen für schuldig, seine damalige Ehefrau misshandelt zu haben. Er habe sie 2001 mehrfach mit der Faust geschlagen, getreten, gebissen und gewürgt, urteilte das Gericht.

Die ersten Schritte Mollaths in Freiheit
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Trotz seines Freispruchs zeigte sich Mollath enttäuscht vom Urteil. "Das kann man so nicht hinnehmen", sagte er nach der Urteilsbegründung. Er wolle prüfen, welche Möglichkeiten bestünden, dagegen vorzugehen. "Diese Art von Freispruch habe ich schon siebeneinhalb Jahre genossen", sagte Mollath mit Blick auf seine zwangsweise Unterbringung in der Psychiatrie. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft ist gegen das Urteil keine Revision möglich.

Das Landgericht hatte sich zuvor überzeugt gezeigt, dass Mollath seine frühere Ehefrau misshandelt hatte. Es sprach ihn aber frei, da er in dem Wiederaufnahmeverfahren nicht schlechter gestellt werden durfte als im ersten Prozess, bei dem er wegen Schuldunfähigkeit freigesprochen und in die Psychiatrie eingewiesen worden war. Über die vom Gericht angeordnete Entschädigung nach der rechtswidrigen Unterbringung konnte Mollath nur lächeln. Er kann mit gut 50 000 Euro rechnen, etwa 25 Euro pro Tag abzüglich Kostgeld. "Von üppig kann keine Rede sein. In solchen Anstalten ist es schlimmer als in deutschen Gefängnissen", sagte er.

Im vergangenen Jahr war Mollath nach mehr als sieben Jahren aus der Psychiatrie entlassen worden. Zugleich wurde das Wiederaufnahmeverfahren angeordnet. Mollath habe zu Unrecht in der Psychiatrie gesessen, erklärte das Gericht gestern. Das Gericht sah zudem die Vorwürfe der Freiheitsberaubung und der Sachbeschädigung als nicht erwiesen an.

Das Landgericht Nürnberg-Fürth hatte Mollath 2006 wegen Schuldunfähigkeit freigesprochen, ihn aber wegen attestierter Wahnvorstellungen und Gemeingefährlichkeit in die Psychiatrie eingewiesen. Der Nürnberger hatte sich jeglichen psychiatrischen Untersuchungen verweigert und war nach den Aussagen von Zeugen und nach seinem Verhalten am Landgericht Nürnberg-Fürth beurteilt worden. Der Fall löste eine Debatte über die Unterbringung in psychiatrischen Kliniken aus und erschütterte die bayerische Justiz. Bayerns damalige Justizministerin Beate Merk (CSU) geriet in Bedrängnis.

"Wir wissen nicht sicher, ob der Angeklagte im Zustand der Schuldunfähigkeit handelte oder nicht", betonte die Vorsitzende Richterin Elke Escher gestern. Zumindest eine verminderte Schuldfähigkeit Mollaths zur Tatzeit sei möglich, da es nicht fern liege anzunehmen, dass bei ihm damals eine "wahnhafte Störung" vorgelegen habe. Allerdings sei diese Annahme nicht gesichert. Dennoch sei zugunsten des Angeklagten von einer "Steuerungsunfähigkeit" auszugehen.

Mollath hatte in dem Wiederaufnahmeverfahren die Vorwürfe zurückgewiesen und seine Ex-Frau bezichtigt, eine Intrige gegen ihn gesponnen zu haben. An ein Komplott der Frau, um den ihr unbequemen Ehemann aus dem Verkehr zu ziehen, weil er einen Schwarzgeldskandal aufdecken wollte, glaubte das Gericht aber nicht. Die Angaben des Opfers und eines Arztes, der die Folgen der Misshandlungen dokumentiert hatte, hielt es hingegen für glaubwürdig, ebenso wie die Aussage einer Zeugin.

(dpa)
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