Schauspieler, Produzent und Regisseur Til Schweiger — der umstrittene Star wird 50

Düsseldorf · Die einen verehren, die anderen verachten ihn. Til Schweiger spaltet die Zuschauer in Deutschland. Zu seinem heutigen Geburtstag legen zwei Kollegen ihre Sichtweisen auf den Schauspieler, Regisseur und Produzenten dar.

 Til Schweiger spaltet die Zuschauer in Deutschland.

Til Schweiger spaltet die Zuschauer in Deutschland.

Foto: dpa, Britta Pedersen

Ich gratuliere

Es ist so einfach wie bequem, Til Schweiger doof zu finden. Die Häme, die ihn nicht nur in den (sozialen) Medien verfolgt, kennt keine Grenzen. Als nuschelnder Nichtschauspieler wie als arroganter Fiesling wird er geschmäht, seine Filme werden als Nichtkunst denunziert. Besonders die berufsmäßige Kritik arbeitet sich seit Jahren an ihm ab. Til Schweiger ist die männliche Veronica Ferres: ständig verächtlich gemacht, aber auch in jeder Sekunde neugierig beäugt.

Woran das liegt? Vier Gründe liegen nahe. Erster Grund: Erfolg ist in Deutschland a priori verdächtig. Til Schweiger ist interessanterweise der Pulikumsliebling deutscher Kinogänger in den vergangenen Jahrzehnten. 62,5 Millionen Menschen kauften sich in den vergangenen Jahren eine Kinokarte für einen Film mit oder von und mit Til Schweiger, ob "Keinohrhasen" oder "Der bewegte Mann". Seine "Tatort"-Folge sprengte Einschaltrekorde.

Zweiter Grund: Massentauglichkeit steht hierzulande immer im Verdacht der Dummheit. Weil Til Schweiger gekonnt die breite Mehrheit der Multiplex-Kinos bedient wie sonst nur Hollywood oder Michael "Bully" Herbig, muss er bescheuert sein. Das Gegenteil ist der Fall: Til Schweiger ist ein akribischer Arbeiter, der seinen (Komödien-)Erfolg so genau plant wie der früher ähnlich umstrittene Filmproduzent Bernd Eichinger.

Dritter Grund: Humor gilt in Deutschland nur etwas, wenn eine akademisierte Elite von Harald-Schmidt-Fans ihn mag oder er in Schwarz-Weiß und von Billy Wilder ist, also die Patina des Kulturguts trägt. Die Zote, der schnelle Witz, das große Gefühl — für all das aber steht Til Schweiger. Übrigens zielte auch bei Loriot ("Das Bild hängt schief") nicht jede Pointe nur aufs Oberseminar.

Vierter Grund: Til Schweiger ist es nicht egal, was seine Kritiker über ihn denken, aber er ignoriert sie. Das macht die Kritiker noch wütender. Also: Mag sein, dass es bessere Schauspieler, intellektuellere Regisseure und noch gewieftere Produzenten gibt und dass Til Schweiger als Schauspieler nur zwei Gesichtsausdrücke beherrscht. Das wäre immerhin einer mehr als seine Kritiker, die nur dumm aus der Wäsche gucken können ob seines Erfolgs. Til Schweiger bleibt ein cooler Typ, der nicht wie 50 aussieht. Das sind nur zwei von vielen Gründen, ihm nicht nur heute zu gratulieren.

Sven Gösmann

Ich gratuliere nicht

Welcher richtig gute Film fällt mir spontan ein, wenn ich an Til Schweiger denke? Mmh. Okay, und nach längerem Nachdenken? Doch, halt! Wie konnte ich das vergessen? "Inglourious Basterds" von Quentin Tarantino! Darin stellt Schweiger den strunzdummen Nazi-Feldwebel Hugo Stiglitz dar, knarzt sich drei Sätze ab und wird erschossen. Die Szene ist angenehm kurz und hat den Vorteil, dass man Schweiger während des restlichen Films nicht mehr sehen muss.

Das Ärgerliche an Til Schweiger ist nicht sein objektiver Mangel an schauspielerischer Begabung. Oder dass er mimisch noch unbegabter ist als Christine Neubauer. Und dass er offenbar niemals erfolgreich ein Sprechtraining absolviert hat. Selbst wenn man von den Millionen Kino-Zuschauern die Zahl der männlichen Zwangs-Zuschauer abzieht, die nur um des lieben Beziehungsfriedens willen seine dümmlichen Mit-und-ohne-Ohren-Stofftier-Komödien ertragen haben, dann ist Til Schweiger immer noch der erfolgreichste deutsche Kino-Darsteller. Und das ist das eigentlich Ärgerliche an Til Schweiger, weil es Bände über den Zustand und die Qualität der deutschen Kino-Produktionen spricht. Es gilt die alte Weisheit: Wenn die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen auch die Zwerge große Schatten.

Einmal hatte Schweiger die Chance, einen großen Film abzuliefern. Stattdessen hat er einem Großen mit schweigerscher Gründlichkeit den Film versaut. Das war 1999, als er an der Seite von Corinna Harfouch in Bernd Eichingers "Der große Bagarozy" komplett versagte. Daraus hat Schweiger etwas gelernt. Wenn man ein derart schlichter Mime ist wie er, darf man sich nicht auf Schauspielerei beschränken. Dann muss man auch Regie führen. Und das Ganze auch selbst produzieren. Und sich in der Branche so breit machen, dass die allgemeine Niveau-Senkung aufgrund ihres Erfolgs mit einem Maßstab verwechselt wird.

Mit 50 Jahren ist Schweiger in dem Sinne jung geblieben, dass er seit seinen tapsigen Auftritten in der Lindenstraße der Jahre 1990 bis '92 als "Jo Zenker" wirklich nichts, aber auch gar nichts dazu gelernt hat. Den Höhepunkt seiner darstellerischen Leistung markiert die Rolle des Bertie in dem Friseusen-Drama "Manta, Manta" (1991). Wenn Schweiger sagt, er fühle sich mit 50 Jahren immer noch wie 30, so ist ihm das zu glauben. Schade eigentlich.

Ulli Tückmantel

(gös)
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