NSU-Prozess Zeugen berichten von Sprengstoff und vernichteten Pässen

München · Nach der kurzen Unterbrechung wegen des angeschlagenen Gesundheitszustands von Beate Zschäpe ist der NSU-Prozess wie geplant fortgesetzt worden. Zwei Zeugen aus der sächsischen Neonazi-Szene gaben widerwillig Auskunft über ihre Unterstützung. Einer half dem Trio bei der Flucht ins Ausland.

Das ist Beate Zschäpe
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Ein Zeuge aus der sächsischen Neonazi-Szene hat im NSU-Prozess eingeräumt, Ende der 1990er Jahre Fluchtpläne des "Nationalsozialistischen Untergrunds" ins Ausland unterstützt zu haben. Kurz nach dem Abtauchen von Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt habe er einem der beiden Männer seinen Personalausweis überlassen. Mit dem Personalausweis sei ein Reisepass beantragt worden.

Hauptangeklagte im Münchner NSU-Prozess ist Zschäpe, der die Bundesanwaltschaft die Beteiligung an zehn überwiegend rassistisch motivierten Morden und zwei Sprengstoffanschlägen von 2001 bis 2007 vorwirft. Das NSU-Trio war Anfang 1998 in Jena untergetaucht und hatte zunächst bei Gesinnungsgenossen in Chemnitz Unterschlupf gefunden.

Die Waffen der Neonazi-Terroristen
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Der Zeuge sagte am Mittwoch, er sei damals von einem der Anführer der Chemnitzer "Blood & Honour"-Organisation angerufen und gebeten worden, die drei zu verstecken. Weil seine Wohnung zu klein gewesen sei, habe er sie gemeinsam mit seinem Bruder zu einer Freundin gebracht. Dort habe das Trio einige Monate gelebt.

Bei früheren Verhandlungstagen war herausgekommen, dass die Szene versuchte, eine Ausreise der drei nach Südafrika zu organisieren. Der Zeuge sagte, er habe dann aber mitbekommen, dass das Trio doch nicht aus Deutschland verschwinden wollte und die Herausgabe des Passes verlangt. Den habe er auch bekommen. Er sei auf seinen Namen ausgestellt gewesen, darin allerdings das Passbild eines der "Uwes". Den Pass habe er sofort vernichtet.

Stationen des NSU-Terrors
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Ein zweiter Zeuge räumte ein, er habe einem anderen Führungsmann von "Blood & Honour" ein bis zwei Kilogramm des Sprengstoffs TNT überlassen. Der habe ihn angerufen und gefragt, ob er Sprengstoff habe. "Wie es der Zufall will", habe ein Bekannter einige Zeit vorher das TNT bei ihm deponiert und er habe aushelfen können.

Beide Zeugen antworteten streckenweise nur widerwillig und gaben im wesentlichen Informationen preis, die sich schon in den Akten finden. Über den Verwendungszweck des TNT sagte der Zeuge, sein Abnehmer habe damit nur "experimentieren" wollen. Namen und organisatorische Strukturen gaben beide meist erst nach mehrfachen Nachfragen preis oder machten Erinnerungslücken geltend.

Chronologie: Was nach dem NSU-Desaster geschah
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Foto: dpa, fpt fdt

Der NSU-Prozess war am Dienstag wegen einer Erkrankung Zschäpes kurzzeitig unterbrochen worden. Der NSU war nach einem Banküberfall in Eisenach am 4. November 2011 aufgeflogen. Die Polizei fand in einem ausgebrannten Wohnmobil die mutmaßlichen NSU-Terroristen Mundlos und Böhnhardt tot auf, Zschäpe stellte sich wenig später der Polizei.

(dpa)
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