Tipps Alles außer Karneval

Bald beginnt die heiße Phase der Session. Wer vom Trubel eine Pause braucht oder gänzlich darauf verzichten kann, dem empfehlen wir Alternativen.

Auch wenn gern behauptet wird, ab Weiberfastnacht (am kommenden Donnerstag) und bis Veilchendienstag gehe nichts mehr außer Helau und Alaaf: Tatsächlich gibt es da draußen noch ein Leben fern des Karnevals. Wer keine Lust auf Prunk- und Stunksitzungen hat oder für ein paar Stündchen eine Pause braucht, kann ins Theater, ins Museum oder Eislaufen gehen.

Schnipp-Schnapp-Phobie

Die hohe Zeit der kleinen Sünden beginnt am Tag der Weiberfastnacht: Der echte Rheinländer hat dann nur Schunkeln, Tanzen, Bützen und Trinken im Sinn. Das kann Düsseldorfs neuer Schauspielintendant Wilfried Schulz, den es aus Dresden an den Rhein verschlagen hat, nicht gewusst haben, dass im Rheinland an diesem Abend nichts so ernst genommen wird, wie es vielleicht am Ende bewertet werden soll. Er hat eine Premiere auf den Spielplan gesetzt, die den Karneval zum Thema hat und von Hörspielexpertin und Hausregisseurin Bernadette Sonnenbichler als Live-Hörspiel mit Musik auf die Bühne des Central kommt. Karneval ins Theater gehen, das ist eine echte Alternative für Frauen, die nicht mit der großen Schere auf Krawattenjagd sind, und für Männer mit Schnipp-Schnapp-Phobie. Ganz im Ernst: Carl Zuckmayers Meistererzählung "Die Fastnachtsbeichte" lohnt den Besuch, sie entführt in das Jahr 1913, als ein junger Soldat zur Beichte in den Mainzer Dom geht. Mit einem Dolch im Rücken sackt er tot zusammen. Die Ermittlungen beginnen. Alles dreht sich um den Karneval und die Liebe hinter den Masken, um Schuld und Sühne, um die Sehnsucht nach einem Aufgehobensein in der Welt. Beginn der Vorstellung: 20 Uhr. abo

Ruhe bewahren

Nirgends steht geschrieben, dass man im Museum die Ruhe bewahren muss, dennoch überkommt die meisten Besucher vor der Kunst eine andächtige Stille. Das ist dieser Tage gar nicht so verkehrt, wer sich einmal zurückziehen möchte, ist im Museum richtig. Aber Achtung! Viele Museen haben anlässlich der Karnevalstage Sonderöffnungszeiten eingerichtet. So bleiben etwa die Kunstsammlung NRW in Düsseldorf oder das Museum Ludwig in Köln nicht nur am Rosenmontag, sondern auch am Donnerstag geschlossen. Freitag bis Sonntag und am Dienstag sind sie aber geöffnet. Häuser in karnevalsferneren Regionen, etwa das Folkwang-Museum in Essen, öffnen am Donnerstag regulär. Das Folkwang zeigt zurzeit großformatige Gemälde von Eliza Douglas. Gänzlich unbeeindruckt vom deutschen Karneval zeigen sich die niederländischen Nachbarn. Das Stedelijk-Museum in Amsterdam zeigt eine Ausstellung zur Künstlergruppe De Stijl und eine Jean-Tinguely-Retrospektive. Geöffnet: täglich - sogar Rosenmontag. kl

Mit Schwung

Wer jetzt glaubt, dieser Tipp hätte nichts mit Kultur zu tun, wird sich erstens täuschen, er wird zweitens an diesem besonderen Ort noch nicht gewesen sein und sollte - drittens - ab dieser Zeile am besten nicht mehr weiterlesen. Denn Grefrath ist in den jecken Tagen ein Ort der ergreifenden, frohen Zuflucht. Viel genauer gesagt: die tolle Eissportbahn in Grefrath - die neumodisch leider Eventpark heißt. 8000 Quadratmeter groß ist allein die Fläche im Eislaufzelt, doch drumherum gibt es einen 400-Meter-Außenring. Gigantisch, besonders das Kurvengefühl. Das Tolle aber ist nun, dass die Bahnen nicht nur von Karnevalssamstag bis Veilchendienstag, jeweils von 10 bis 18.30 Uhr, geöffnet sind. Sondern dass es zur alten Tradition des Eisstadions gehört, dass die Läufer dann auch verkleidet auf die Bahn gehen. Besonders der Rosenmontag wird zu einem karnevalistisch-sportlichen Umzug der besonderen Art. Die Anschrift: Stadionstraße 161 in Grefrath. los

Fernreise ins Umland

An Karneval ist es draußen immer kalt, deswegen sollte man unbedingt zum Terrazoo nach Rheinberg fahren: Wenn man die Tür öffnet und eintritt, fühlt es sich an, als bekomme man einen Schlag mit einem nassen und heißen Handtuch ins Gesicht. Sie haben eine Schwarze Mamba dort und einen Inlandtaipan, und die Kinder, die vor den Terrarien stehen, wissen: Das sind die giftigsten Schlangen der Welt. Es gibt auch ein Krokodil und eine Wasserschildkröte mit zwei Köpfen, und weil der Ort 80er-Jahre-Flair hat und auch sonst sehr sympathisch ist, ziehen sich Eltern bald ihre Jacken aus und lassen sich wohlig seufzend im Cafébereich nieder. Fernreise ins Umland. Die Kinder hören derweil den Tierpflegern zu, die Vorträge über Reptilien halten und Schlangen zum Streicheln hinhalten. Manchmal kommt eine der beiden freilaufenden Riesen-Schildkröten vorbei und stupst einen an, weil man im Weg steht. Wenn man diesen exotischen Platz verlässt und die Tür öffnet, die zurück in die Kälte führt, fragt man sich garantiert, warum da draußen eigentlich alle verkleidet sind. Anschrift: Terrazoo Rheinberg Melkweg 7, dienstags bis sonntags, 10 bis 18 Uhr. hols

Langsam runterfahren

Spätestens Dienstagabend geht auch dem letzten Jeck die Puste aus, und wer einen Ort sucht, um die Systeme langsam wieder runterzufahren, sollte einen Abstecher in die Mitsubishi Electric Halle in Düsseldorf machen. Dort treten am Veilchendienstag-Abend The XX auf, und keine andere Band macht zurzeit bessere Musik, um zur Ruhe zu kommen. The XX spielen traumwandelnden Pop, die Band aus London entwirft Hallräume, die sie dann aber nicht unnötig zustellt, sondern mit schönen Synthesizern ausschmückt. Gerade hat sie ein neues Album veröffentlicht, es heißt "I see you", und sehen kann man The XX nun also in den letzten Stunden vorm Aschermittwoch. Karten: www.westticket.de kl

(RP)
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