Freiburg Mit 300 Mikrofonen fangen Forscher die Vielfalt der Tierwelt ein

Freiburg · Manchmal sind auf Landschaftsbildern keine Bäume, Berge oder Seen zu sehen, sondern einfach eine X- und eine Y-Achse. Eine Achse steht für die Uhrzeit, die andere für die Tonfrequenz. Es sind seltsame Werke. Sie zeigen einen gelben Hintergrund voller grüner Sprenkel, die immer dann erscheinen, wenn es ein Geräusch in einer beliebigen Tonlage gegeben hat. "Diese Spektrogramme sind wichtig. Damit visualisieren wir unsere Daten", sagt Sandra Müller, Geobotanikerin an der Uni Freiburg.

Was der Lehrstuhl unter Leitung von Michael Scherer-Lorenzen macht, nennt sich "Soundscape Ecology" (Ökologie der Klanglandschaften): Wissenschaftler wollen, indem sie die Geräusche einer Landschaft aufnehmen und analysieren, Rückschlüsse auf die biologische Vielfalt ziehen. Nach ihrer Überzeugung produzieren Tiere ihre Geräusche nämlich wohlgeordnet. Jede Art benutzt eine andere Frequenz. Ist eine Tonlage zu einer bestimmten Zeit nicht besetzt, gilt das auch für eine ökologische Nische. Die Disziplin steht noch an ihren Anfängen, viele ihrer Grundlagen sind noch Hypothesen. Um diese zu überprüfen, wollen Müller und ihre Freiburger Kollegen in diesem Sommer das europaweit größte Projekt der jungen Wissenschaft beginnen: 300 Mikrofone sollen aufgestellt werden - in Nutzwäldern, Mischwäldern, auf Weideland, an stark gedüngten Wiesen, mittelstark gedüngten oder ungedüngt-naturnahen. Jede Stunde nimmt jedes dieser Mikrofone eine Minute lang die Klänge der Umgebung auf, ein Jahr lang. Am Ende werden die Forscher 15 Millionen kurze Tonaufnahmen haben. Würde man sie anhören, eine nach der anderen, dann würde das rund 30 Jahre dauern. Tatsächlich wandern die Töne direkt in den Computer, der sie dann in sichtbare Spektrogramme umrechnet. Bei dem Versuch beschränken sich die Wissenschaftler auf drei Regionen in Deutschland: die Schwäbische Alb, das Waldgebiet Schorfheide in Brandenburg und den Nationalpark Hainich in Thüringen. "Bei unserem Ansatz geht es vor allem darum, zu schauen, was die Methode kann und was nicht", sagt Sandra Müller.

(EPD)
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