Parlamentswahlen Tunesien hat gewählt - friedlich

Tunis · Fast vier Jahre nach dem Sturz von Diktator Zine El Abidine Ben Ali haben die Tunesier am Sonntag ein neues Parlament gewählt.

 Diese junge Tunesierin hat ihr Wahlrecht wahrgenommen.

Diese junge Tunesierin hat ihr Wahlrecht wahrgenommen.

Foto: afp, fs/EIS

Ergebnisse wurden erst für Mittwoch erwartet, aus der großen Zahl an Parteien wurden aber vor allem der moderat islamistischen Ennahda und der Partei Nida Tunis, die sich für ein modernes, nicht autoritäres Tunesien stark macht, gute Chancen ausgerechnet. Die Wahl verlief friedlich, die befürchteten Anschläge islamistischer Extremisten auf Wahllokale blieben aus.

Die Wahl gilt als historisch, weil erstmals seit dem Sturz von Ben Ali für volle fünf Jahre Abgeordnete gewählt werden. Die Wähler waren aufgerufen, über die Verteilung der 217 Mandate im Parlament zu entscheiden. 13 000 Kandidaten aus 90 Parteien haben sich aufstellen lassen. Die Partei mit den meisten Sitzen stellt die Regierung. Die Präsidentenwahl ist für November geplant.

Tunesien gilt als das Land in der arabischen Welt mit den besten Chancen auf eine demokratische Gesellschaft. Mit Ben Alis Sturz nahm der Arabische Frühling dort Anfang 2011 seinen Anfang, und mit seiner neuen Verfassung gilt Tunesien weiter als Vorreiter der Demokratisierung in der Region. Allerdings waren die vergangenen Jahre überschattet von Wirtschaftsflaute, politischem Streit und islamistischem Terror.

Bis zwei Stunden vor Schließung der Wahllokale gaben mindestens 50 Prozent der 5,2 Millionen registrierten Wahlberichtigten ihre Stimme ab, wie die Wahlkommission mitteilte. Die Beteiligung schwankte aber je nach Wahlkreis stark.

"Wir sind stolz, wählen zu können", sagte etwa Rechtsanwalt Zeinab Turabi aus Sukra, einem wohlhabenden Viertel von Tunis. "Es ist unsere Pflicht als Bürger, und ich bin optimistisch."

Im Armenviertel Douar Hicher auf der anderen Seite der Stadt waren die Wähler weniger euphorisch. Dort kommt es immer wieder zu Straßenschlachten mit der Polizei und der Gestank von Müll und Abwasser ist durchdringend. "Es wurde nach 2011 nicht besser, aber wir haben 2014 trotzdem gewählt, in der Hoffnung, dass es nun besser wird. Aber wenn es das nicht wird, wird keiner mehr wählen gehen", sagte Ali Mbeet, der in einer Pizzeria arbeitet.

Nach Angaben von Wahlbeobachtern war die Wahlbeteiligung in Douar Hicher geringer als 2011. auch im Zentrum von Tunis waren viele junge Männer in den Cafés zu sehen, die keine Tintenmarkierung vom Wählen an ihren Fingern hatten. Beobachtergruppen zufolge kam es zu einigen Unregelmäßigkeiten. Mehrere Wahllokale hätten erst später geöffnet.
Zudem hätten Vertreter verschiedener Parteien in den Wahllokalen für Stimmen geworben und sogar dafür bezahlt, hieß es.

(AP)
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