Iran soll Atomwaffenprogramm eingestellt haben US-Geheimdienste fallen Bush in den Rücken

Washington/Bericht (RPO). Die US-amerikanischen Geheimdienste schätzen die Bedrohung durch den Iran deutlich geringer ein als die Bush-Administration. Die Führung in Teheran verfolge das Ziel, eine Atombombe zu bauen, nur halbherzig, sagen die Sicherheits-Experten. Die Beurteilung steht in fundamentalem Widerspruch zu den Annahmen der Regierung.

Wer ist Mahmud Ahmadinedschad?
13 Bilder

Wer ist Mahmud Ahmadinedschad?

13 Bilder

Irans Führung erscheine "weniger entschlossen, eine Atomwaffe zu entwickeln", als dies in den vergangenen zwei Jahren von der US-Regierung angenommen wurde, heißt es in dem am Montag veröffentlichten Bericht aller 16 US-Geheimdienste. In dem "National Intelligence Estimate" kommen die US-Experten zu dem Schluss, dass der Iran im Herbst 2003 als Reaktion auf den internationalen Druck sein Atomwaffenprogramm eingestellt habe. Es gebe keine Anzeichen dafür, dass das Programm inzwischen wieder aufgenommen worden sei.

US-Präsident George W. Bush und Vertreter seiner Regierung werfen dem Iran seit Jahren vor, ein verdecktes Programm zum Bau einer Atomwaffe zu verfolgen. In ihrem Bericht schreiben die Geheimdienstexperten hingegen: "Wir urteilen mit mäßiger Gewissheit, dass der Iran mit Stand Mitte 2007 sein Atomwaffenprogramm nicht wieder aufgenommen hat." Einschränkend fügen die Experten hinzu: "Wir wissen nicht, ob er derzeit die Absicht hat, Atomwaffen zu entwickeln." Mit "hoher Gewissheit" sei aber davon auszugehen, dass Einheiten des iranischen Militärs noch bis 2003 "unter Führung der Regierung" an einem solchen Programm gearbeitet habe.

Entscheidender Druck

Den Stopp des Atomprogramms führen die US-Geheimdienste auf den internationalen Druck auf den Iran zurück. "Wir urteilen mit hoher Gewissheit, dass der Stopp in erster Linie eine Reaktion auf wachsende internationale Aufmerksamkeit und Druck war." Dies lasse vermuten, dass der Iran "verwundbarer auf Einfluss (von außen) ist als wir bislang vermuteten". Dies lege nahe, "dass Teherans Entscheidungen eher auf einer Kosten-Nutzen-Analyse beruhen als auf einem Streben nach der Waffe ohne Berücksichtigung der politischen, wirtschaftlichen und militärischen Kosten".

Bushs Nationaler Sicherheitsberater Stephen Hadley erklärte, der Bericht enthalte "einige positive Nachrichten". Er zeige, dass die internationale Gemeinschaft "Fortschritte" gemacht habe in dem Bemühen, den Iran vom Bau einer Atombombe abzuhalten. Der Bericht gebe dabei "Anlass zur Hoffnung, dass das Problem diplomatisch gelöst werden kann". Die internationale Gemeinschaft müsse den Druck nun weiter erhöhen, bis der Iran vollständig auf den Bau der Waffe verzichte.

Bis 2015 sicher

In ihrem Bericht urteilen die US-Geheimdienste weiter, dass dem Iran zuminest bis zum Jahr 2015 die technischen Möglichkeiten für den Bau einer Atombombe fehlen würden. Das Land werde bis dahin "technisch nicht in der Lage sein, genug Plutonium für den Bau herzustellen und aufzubereiten". Ein Ende des Atomstreits sei aber nur dann zu erreichen, wenn der Iran von sich aus die politische Entscheidung treffe, "das Ziel einer eigenen Atomwaffe aufzugeben".

In Berlin erklärte das Auswärtige Amt am Montagabend, Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier sei zu diesem Bericht vorab vom US-Außenministerium informiert worden. Der Bericht enthalte "eine Reihe interessanter Einzelheiten". Steinmeier sehe sich in seiner Einschätzung bestätigt, "dass der von der internationalen Gemeinschaft gewählte doppelte Ansatz von Anreizen und Maßnahmen des UN-Sicherheitsrates richtig war". Steinmeier wollte demnach noch am Montagabend mit seiner US-Kollegin Condoleeza Rice über den Bericht sprechen.

(afp)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort