Wahltag Ungarn wählt ein neues Parlament - Fidesz Favorit

Budapest · Seit sechs Uhr morgens sind die Wahllokale geöffnet: In Ungarn hat die Parlamentswahl begonnen. Alles andere als ein klarer Erfolg der Regierungspartei Fidesz von Viktor Orban wäre eine Überraschung. Spannend ist der Wahlgang dennoch: Es geht um die absolute Mehrheit.

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Orbans rechtsbürgerliche Fidesz-Partei ging als klare Favoritin in die Parlamentswahl. Bei dem Urnengang, zu dem am Sonntag rund 8,2 Millionen Ungarn aufgerufen waren, wurde der Fidesz-Partei nicht nur ein Stimmenanteil von rund 50 Prozent vorausgesagt. Sie konnte wegen der von ihr umgesetzten Wahlrechtsreform auch mit einem überproporitonalen Anteil der Mandate im Parlament rechnen.

"Das Wahlsystem ist ungerecht", beklagte der frühere Regierungschef Gordon Bajnai, eine der Führungsfiguren der linken Opposition. "Es ist, als liefe die Fidesz ein 100-Meter-Rennen und die Opposition 400 Meter Hürden."

Bei der Wahlrechtsreform reduzierte Orbans Regierungsmehrheit die Zahl der Abgeordneten von 386 auf 199. Davon werden 106 Sitze in den Wahlkreisen nach dem Mehrheitswahlrecht vergeben, nur bei den übrigen 93 Sitzen kommt es auf den landesweiten Stimmenanteil nach dem Verhältniswahlrecht an. Für den Gesamtsieger der Wahl gibt es Bonus-Mandate, der Zuschnitt der Wahlkreise wurde zu Ungunsten der Opposition verändert.

"Ungarn steht an der Schwelle großer Möglichkeiten", sagte Orban am Freitag bei einer Wahlkampfveranstaltung in der Stadt Szeged im Süden des Landes. "Wenn die Regierung weitere vier Jahre an der Macht bleibt, kann sie eine Wirtschaft schaffen, die Arbeit für alle, eine Senkung der Energiepreise und Unterstützung für Familien bietet."

Die wichtigste Frage bei dem Urnengang war für die meisten Ungarn nicht, ob Orban mit der Fidesz weiterregieren kann, sondern ob er sich erneut auf eine Zwei-Drittel-Mehrheit stützen kann. Mit einer solchen Mehrheit gelang es dem Regierungschef, seit 2010 rund 850 Gesetze durchs Parlament zu pauken und fast alle juristischen Institutionen sowie die Medien auf Linie zu bringen.

"Ich wähle Orban", sagte die 34-jährige Kassiererin Belane Kovacs in Budaörs, 20 Kilometer westlich von Budapest. "Vier Jahre sind für eine Partei nicht genug, um ihre Ideen umzusetzen". Skandale und Affären gebe es "auch bei den anderen". Dagegen sagte der 35-jährige Zsolt Farkas vor der Stimmabgabe in der Hauptstadt, er wolle für die Links-Allianz stimmen, die in den Umfragen bei einem Anteil von 21 bis 31 Prozent lag. "Ich möchte in einem Land leben, in dem ich mir meinen Lebensstil aussuchen darf und nicht so leben muss, wie man mir es vorschreibt."

Stimmberechtigt waren auch Ungarn im Ausland, alleine rund 120.000 in Rumänien und der Slowakei. Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) entsandt eine Beobachtermission nach Ungarn. Sie äußerte Bedenken angesichts der Wahlrechtsreform und angesichts der Zusammensetzung der siebenköpfigen Wahlkommission, die nur mit Fidesz-Mitgliedern besetzt wurde.

Als drittstärkste kraft dürfte die antisemitische und rechtsextreme Jobbik-Partei aus dem Wahlgang hervorgehen, die auch durch ihre verbalen Attacken gegen die Minderheit der Roma in die Kritik geriet. Erste Ergebnisse von Nachwahlbefragungen wurden kurz nach Ende des Urnengangs um 19.00 Uhr erwartet.

(AFP)
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