Minister sagt Auftritt ab Guttenberg zu Gespräch im Kanzleramt

Berlin (RPO). In Oppositionskreisen wird schon von einem "Guttengate" geredet: Immer stärker gerät Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) wegen seiner in Teilen wohl abgeschriebenen Doktorarbeit unter Druck. Am Donnerstag machten erste Rücktrittsforderungen die Runde. Am Abend bestellte Bundeskanzelrin Angela Merkel (CDU) den Minister zu einem Gespräch ins Kanzleramt. Über den Inhalt wurde nichts bekannt.

Plagiatsvorwürfe gegen Guttenberg: Pressestimmen
Infos

Plagiatsvorwürfe gegen Guttenberg: Pressestimmen

Infos
Foto: dapd

Derweil setzte die Universität Bayreuth ihrem ehemaligen Doktoranden eine Zwei-Wochen-Frist, um die immer neuen Vorwürfe aufzuklären. Das frisch aufgesetzte "Guttenplag-Wiki" listete am späten Donnerstagabend bereits weit über 50 mögliche Plagiatsstellen auf.

Die Passauer Politikwissenschaftlerin Barbara Zehnpfennig, von der der CSU-Politiker ebenfalls abgeschrieben haben soll, sagte der Nachrichtenagentur dapd, wenn sich die Vorwürfe in dem genannten Umfang erhärteten, müsse die Universität tätig werden. Das könne auch zur Aberkennung des Doktortitels führen.

Guttenberg kupferte auch bei einem seiner Vorgänger ab

Nach Recherchen von "Spiegel Online" soll sich in der Dissertation auch eine Textpassage finden, die so bereits in einem Aufsatz des CDU-Politikers und Staatsrechtlers Rupert Scholz nachzulesen ist. Scholz war in den Jahren 1988 und 1989 ebenfalls Bundesverteidigungsminister.

Zudem ist den Angaben zufolge ein Beitrag des CDU-Europaabgeordneten Andreas Schwab in die Dissertation eingegangen, ohne dass Guttenberg dies entsprechend kennzeichnete. Ferner soll es Übernahmen von der Website der US-Botschaft in Deutschland gegeben haben. Im hinteren Teil der Arbeit kopierte der CSU-Politiker laut "Spiegel Online" zudem Teile einer Rede des Verfassungsjuristen Gerhard Casper, ohne dies entsprechend zu kennzeichnen.

Rückendeckung der Union, Angriff der Opposition

Die Union nahm den Minister derweil in Schutz. Unionsfraktionsvize Günter Krings (CDU) zeigte sich in Nachrichtensender N24 überzeugt, dass die Vorwürfe politisch motiviert sind. "Es wird parteipolitisch seitens der Opposition ausgeschlachtet. Es ist lächerlich, wenn ein Wissenschaftler meint, er hätte diese Fehler routinemäßig gefunden. Man hat hier gezielt gesucht." Das sei lediglich "eine neue Episode in dem bekannten Spiel Schlag' den Guttenberg".

SPD-Fraktionsvize Gernot Erler sah indes eine "gefährliche Erosion" von Guttenbergs Amtsautorität. Dies werde zwangsläufig die Frage aufwerfen, "wann der Zeitpunkt gekommen ist, an dem sich die Bundeskanzlerin fragen muss, wie lange sie dieser Entwicklung noch tatenlos zusehen kann".

Die Linke sprach sich für einen Amtsverzicht aus, falls sich die Vorwürfe bewahrheiten sollten. Parteichefin Gesine Lötzsch sagte dem Fernsehsender N24: "Wem der Doktortitel aberkannt wird, der ist auch als Minister nicht mehr haltbar."

Grünen-Chefin Claudia Roth sagte dem Sender MDR Info, hier könne sich Guttenberg nicht herausreden. Und eines könne er im Fall seiner Doktorarbeit nicht tun: jemanden entlassen.

Nach Afghanistan-Kurztrip Absage eines CDU-Wahlkampfauftritts

Guttenberg wird vorgeworfen, in seiner Dissertation zahlreiche Passagen wortwörtlich von anderen Autoren übernommen zu haben, ohne dies wie vorgeschrieben zu kennzeichnen. Der Minister hatte den Vorwurf der Täuschung als abstrus zurückgewiesen.

Als Guttenberg am Donnerstagnachmittag von einem Kurzbesuch deutscher Truppen in Afghanistan zuückkam, sagte er einen für den Abend geplanten Wahlkampfauftritt in Sachsen-Anhalt ab. Begründet wurde sein Fernbleiben damit, dass "Guttenberg in Berlin unabkömmlich ist". Später kam er im Kanzleramt mit Merkel zusammen. Inwieweit es bereits um die politische Zukunft des Ministers ging, blieb zunächst offen.

(AFP/felt)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort