Bund und Länder feilschen um Steuer-Verteilung Steuererhöhung statt Soli-Zuschlag

Berlin · Bund und Länder feilschen um die Verteilung von Steuern. Finanzminister Schäuble will den Soli in die Einkommensteuer integrieren. Im Gegenzug ist ein Abbau der kalten Progression in Sicht.

 Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble.

Foto: ap

Der Solidaritätszuschlag, der Anfang der 90er Jahre zur Finanzierung der deutschen Einheit eingeführt wurde, wird in seiner jetzigen Form voraussichtlich nicht erhalten bleiben. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) zeigte sich in einer Runde mit Ländervertretern offen, den Soli abzuschaffen, dafür aber die Einkommen-, Körperschaft- und Kapitalertragsteuer zu erhöhen. Eine entsprechende Meldung der "Passauer Neuen Presse" wurde gestern in Regierungskreisen auf Bundes- und auf Länderebene bestätigt. Alle Seiten versicherten, bislang sei keine Entscheidung gefallen.

Der Soli bringt dem Bund aktuell rund 14 Milliarden Euro ein, nur ein Teil fließt noch in den Aufbau Ost. Nach Vorausberechnungen werden die Einnahmen bis zum Ende des Jahrzehnts auf 18 Milliarden Euro steigen. Derzeit zahlen Bürger einen Aufschlag von 5,5 Prozent auf Einkommen-, Kapitalertrag- und Körperschaftsteuer. Der Solidaritätszuschlag war als befristete Steuererhöhung angelegt, bis der Aufbau Ost weitgehend abgeschlossen ist.

Nach Informationen unserer Redaktion erwägt Schäuble nicht nur, den Soli abzuschaffen und die Einkommensteuer in gleichem Umfang zu erhöhen, sondern auch die Bürger zu entlasten. Dies könnte durch einen Abbau der sogenannten kalten Progression gelingen. Schäuble hat das in Verhandlungen mit den Bundesländern in Aussicht gestellt. Von der kalten Progression spricht man, wenn eine Gehaltserhöhung komplett durch einen höheren Steuersatz und die Inflation aufgezehrt wird. Durch eine allgemeine Absenkung der Steuersätze könnte man diesen Effekt ausgleichen.

Seine Vorstellungen muss Schäuble mit den Ländern verhandeln. In diesem Herbst sollen die Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern neu geordnet und ein Konzept für die Zeit nach 2019 geschaffen werden. 2019 läuft der Solidarpakt II zum Aufbau der neuen Länder aus. Zudem gilt ab 2020 die Schuldenbremse für die Länder.

Die stets klammen Länder haben schon viele Vorschläge in die Debatte eingebracht, wie der Soli für den Osten in eine Art bundesweite Länderförderung umgewidmet werden könnte. Nordrhein-Westfalen beispielsweise fordert, dass künftig strukturschwache Regionen in ganz Deutschland gefördert werden. Einige davon liegen in NRW. Auch Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) sagt: "Ich plädiere dafür, dass es künftig eine Förderung nach Bedarf und nicht mehr nach Himmelsrichtung gibt." Die SPD-Regierungschefs von Schleswig-Holstein und Hamburg wiederum fordern, mit dem Geld aus dem Soli, einen Schuldentilgungsfonds für die Länder einzurichten.

Finanzminister Schäuble seinerseits mahnte am Dienstag in einer Rede im Bundestag: "Nur auf Mittel des Bundes zu schielen, greift zu kurz." Er betonte, es müsse um eine "sachgerechte Aufgabenzuordnung" zwischen den staatlichen Ebenen gehen. Im Klartext: Die Länder sollen nur mehr Geld erhalten, wenn sie auch mehr Aufgaben finanzieren.

Der Kampf um die Steuermilliarden hat erst begonnen. Sollte der Soli abgeschafft und durch eine höhere Einkommensteuer ersetzt werden, bekämen die Länder automatisch mehr Geld, da ihnen 42,5 Prozent der Einnahmen aus der Einkommensteuer zustehen. Doch die Länder trauen Schäuble nicht, obwohl er von einen fairen Ausgleich zwischen Bund und Ländern spricht. Bei Schäubles Plänen sei "Vorsicht" geboten, sagt NRW-Finanzminister Norbert-Walter Borjans (SPD). Am Ende könnten sich Schäubles Verhandlungspartner "im Nachhinein die Augen reiben, weil sie feststellen, dass der Bundeshaushalt der einzige Gewinner dieser Operation ist."

(may- / qua)
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