Hass in der Türkei

Zwei Linksextremisten nehmen in Istanbul einen Staatsanwalt als Geisel. Alle drei sterben, als die Polizei den Justizpalast stürmt. Ihr Opfer hatten die beiden Täter ausgesucht, weil der Jurist für die Ermittlungen im Todesfall von Berkin Elvan zuständig ist, eines 15-jährigen Jungen, der zum Symbol der Polizeigewalt in der Türkei geworden ist. Im Sommer 2013 war Berkin während der Gezi-Proteste beim Weg zum Bäcker von einer Tränengaskartusche der Polizei am Kopf getroffen worden. Einige Monate später starb er. Die Verantwortlichen wurden bis heute nicht zur Rechenschaft gezogen.

Der Fall spaltet die Türkei. Für die einen ist Berkin Elvan ein Held, für die anderen ein Terrorist, der sein Schicksal verdient hat. So denkt auch Präsident Recep Tayyip Erdogan, der eifrig Öl ins Feuer gießt. Gegner geißelt er als Vaterlandsverräter, Kritiker lässt er von der Justiz drangsalieren. Das Klima in der Türkei ist wenige Wochen vor der Parlamentswahl im Juni von Hass geprägt, und maßvolle Stimmen sind kaum zu hören. Schon ist es zu neuen Gewaltakten gekommen. Es werden nicht die letzten sein.

(RP)
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