Schröders lebhafter Flug nach Usbekistan In der Kanzlermaschine "rummste" es

Kabul/Taschkent (rpo). Auf dem Flug von Afghanistan nach Usbekistan ist es in der Maschine von Bundeskanzler Gerhard Schröder zu einem Zwischenfall gekommen. Im Flugzeug waren Explosionsgeräusche zu hören. Entgegen ersten Berichten ist das Flugzeug aber nicht in ein Zielradar geraten.

Der Zwischenfall hat für Aufregung gesorgt. In dem Transall-Militärflugzeug habe sich am Donnerstagabend wegen eines Gewitters das automatische Raketenabwehrsystem aktiviert, sagte ein Sprecher der Luftwaffe am Freitag in Köln. Aus der Delegation hatte es zunächst geheißen, die Maschine sei in ein Zielradar einer Raketenstellung geraten. Dem widersprach der Luftwaffensprecher: "Ich schließe aus, dass es eine Bedrohung durch Raketen gegeben hat." Bei dem Zwischenfall war niemand verletzt worden.

Der Sprecher sagte unter Berufung auf die Transall-Besatzung im usbekischen Taschkent, wegen eines Gewitters hätten die Piloten eine andere Flugroute genommen. "Es mag sein, dass es gewackelt hat." Durch elektromagnetische Ladungen sei es zum "Fehlausschuss" von Kartuschen mit Magnesiumleuchtkörpern und Aluminiumtäuschkörpern gekommen. Diese seien eigentlich dazu da, Raketen abzulenken. Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye sagte, in der Transall seien zwei kleine Explosionsgeräusche zu hören gewesen. "Es hat aber keine Probleme an Bord gegeben."

Der Luftwaffensprecher berichtete: "Der Kanzler ist sofort vom Piloten informiert worden." Heye sagte: "Der Pilot hat keinerlei Hinweis gegeben, dass es eine irgendwie geartete Gefahr gab." Der Zwischenfall hat sich nach Angaben aus der Delegation zehn Minuten nach dem Abflug in Kabul ereignet. Die Maschine war um 14.30 Uhr (Ortszeit) gestartet und zweieinhalb Stunden später in Taschkent gelandet, wo Schröder mit militärischen Ehren empfangen wurde.

Beckenbauer erschrak am meisten

Der Schock in der Kanzlermaschine war groß. Die Maschine hatte nur zehn Minuten nach dem Start das automatische Raketenabwehrsystem ausgelöst. Besonders erschrocken hat sich nach Angaben der Delegation Schröders Sondergast Franz Beckenbauer, der hinter im Flieger saß, als es unter ihm plötzlich "rummste" und die Leuchtkörper verschossen wurden. Seelenruhig sei dagegen der Kanzler geblieben, weil er während des Zwischenfalls im Cockpit saß und davon zunächst gar nichts mitbekam. "Selbst wenn es kein Fehlalarm gewesen wäre, hätte ich kaum aussteigen können", sagte Schröder am Freitag in Taschkent.

Das Raketenabwehrsystem wurde nicht zum ersten Mal bei einem Transall-Flug über Afghanistan ausgelöst. Dies komme immer wieder vor, sagte ein Luftwaffensprecher. Die Deutschen fliegen nur mit diesen Militärmaschinen, auch wenn sie als veraltet gelten. Oft werden die deutschen Soldaten deswegen belächelt. Doch die Sicherheit der deutschen Soldaten bei ihrem Einsatz in Kabul geht vor.

Am Abend sicher gelandet

Bundeskanzler Gerhard Schröder ist von seinem Besuch in Afghanistan und Usbekistan zurückgekehrt. Die Maschine des Bundeskanzlers landete am Abend auf dem militärischen Teil des Flughafens Berlin-Tegel.

Die Kanzlerreise nach Kabul war gefährlich, improvisiert und exotisch zugleich. Nomaden lagerten mit ihrem Kamelen vor dem Olympiastadion, in dem die Taliban noch im vergangenen Jahr Menschen hinrichten ließen. Schief und immer schiefer spielte eine Blaskapelle die deutsche Nationalhymne, als Schröder auf dem Flughafen verabschiedet wurde.

Die Afghanen versprechen sich von Deutschland als großen Geldgeber und politischem Unterstützer viel. Schecks hatten weder Beckenbauer noch der Kanzler im Gepäck. Die Bundesregierung ist mit 320 Millionen Euro über vier Jahre ohnehin der größte EU-Geldgeber für Afghanistan. Angesichts dieser Summe sei es legitim, meinte Schröder, wenn auch die deutsche Wirtschaft ihre Interessen in Afghanistan früh vertrete.

Vor allem mahnte der Kanzler aber, dass jetzt endlich die zugesagten Milliarden der internationalen Gemeinschaft fließen müssten. Denn der Erfolg der traditionellen Ratsversammlung Loja Dschhirga, die in einem Monat eine neue Regierung bilden soll, hänge auch von sichtbarer Hilfe ab.

Zehn Manager von Großunternehmen und mittelständischen Firmen begleiteten Schröder. Sie wollten sich ein Bild machen von Investitionsmöglichkeiten in einem Land, das 22 Jahre Krieg hinter sich hat, in dem es an allem mangelt, nicht nur an Fußballstadien. "In Deutschland stehen alle Gewehr bei Fuß", sagte Hans-Peter Keitel, Vorstand der Essener Hochtief, die 20 Millionen Euro in Straßenbauprojekte investieren will.

Beckenbauer setzte sich für Fußball ein

Für den einst unter den Taliban verbotenen Fußball setzte sich Schröders Sondergast Beckenbauer ein. Etwas ratlos blickte er auf eine Schülermannschaft in knallgelben Trikots im Garten der Deutschen Botschaft vor einem seit Jahrzehnten unbenutzen Schwimmbecken. Für eine Kostprobe seines Könnens holte sich der "Kaiser" den Kanzler zum Kicken. "Ich bin viel zu schwer angezogen", klagte Schröder über seine schusssichere Weste.

Für Beckenbauer war nicht nur der Flug in der spartanischen Transall-Militärmaschine ein Novum. Wenn er die Ruinen Kabuls sehe, komme er sich vor wie im Mittelalter, sagte er. Den Namen der Schülermannschaft, die von der einst von Deutschen Amani- Oberrealschule in Kabul kam, verwechselte er zunächst mit einem italienischen Modeschöpfer. "Armani oder Amani?", fragte der "Kaiser".

(RPO Archiv)
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