Tel Aviv Mildes Urteil gegen Soldat in Israel

Tel Aviv · Elor Asaria erschoss einen liegenden Palästinenser. Der Fall wühlt das Land auf.

Für 18 Monate muss der israelische Soldat Elor Asaria ins Gefängnis - wenn er nicht begnadigt wird. Das urteilte gestern ein dreiköpfiges Militärtribunal in Tel Aviv. Das Gericht hatte Asaria, der zusätzlich degradiert wird, bereits Anfang Januar des Totschlags an einem Palästinenser in der Stadt Hebron schuldig gesprochen. Asaria hatte im Mai 2016 vor laufenden Kameras einem verwundet am Boden liegenden Messerattentäter in den Kopf geschossen. Er habe in der Absicht zu töten gehandelt und nicht aufgrund des Gefühls einer Bedrohung, erklärte die Vorsitzende Richterin Maya Heller gestern.

Vor dem Gerichtsgebäude riefen nationalreligiöse Demonstranten: "Das Volk Israel lässt seine Soldaten nicht hängen." Für das rechtsreligiöse und rechtsnationale Lager ist der heute 20 Jahre alte Asaria ein Held, der schoss, um sich und seine Kampfgenossen vor einem Terroristen zu schützen. Die linksliberale Tageszeitung "Haaretz" bezeichnete das milde Strafmaß hingegen als eine "Kapitulation" der Armee. Zwischen drei und fünf Jahren Haft hatte die Staatsanwaltschaft gefordert. Die Militärrichter hätten, so schrieb "Haaretz", "dem Druck nicht standgehalten". Eine weitere Strafminderung ist im Revisionsverfahren möglich, das Asarias Verteidiger unmittelbar nach Verkündung des Strafmaßes in Aussicht stellten.

Der Fall hat eine heftige Debatte in Israel ausgelöst. Verteidigungsminister Mosche Jaalon, der das Verhalten Asarias verurteilte, musste im Streit mit Regierungschef Benjamin Netanjahu zurücktreten. Netanjahu solidarisierte sich mit der Familie des Schützen und sprach sich für eine schnelle Begnadigung Asarias aus. Die Vereinte Liste der arabischen Abgeordneten in der Knesset warnte hingegen vor einem Straferlass, der von Soldaten als "Lizenz zum Töten von Palästinensern" missverstanden werden könnte. Der Abgeordnete Josef Jabareen von der Vereinten Liste kommentierte das Urteil als "der Schwere der Tat nicht angemessen". Das Verhalten Asarias sei "kein Einzelfall, sondern Teil eines größeren Phänomens in der Armee".

Die Familie des erschossenen Palästinensers zeigte sich wenig überrascht von der milden Strafe. Mit Gerechtigkeit hätten sie ohnehin nicht gerechnet, ließen sich die Eltern des Toten zitieren: "Die Strafe, die er bekommt, ist weniger als die, die ein palästinensisches Kind für Steinewerfen bekommt."

(RP)
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