Alois Glück "Segen auch für homosexuelle Paare"

Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken befürwortet Formen einer neuen geistlichen Begleitung.

Düsseldorf Mit seiner Würzburger Erklärung zur Segnung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften hat das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) die innerkirchliche Debatte über den Umgang mit Homosexuellen befördert.

Eine katholische Kirchenzeitung stellte unlängst die Frage: "Ist das ZdK verzichtbar?" Spiegelt das eine Strömung in der katholischen Kirche hierzulande wider?

Glück Das ist die Meinung einer kleinen Minderheit. Wenn es das ZdK nicht gäbe, würde es keine gemeinsame Plattform für die engagierten Kräfte in der Kirche geben. Das ist ein weltweit einzigartiges Forum für die Vielfalt und die notwendige Einheit innerhalb der Ortskirche - ohne dass wir den Anspruch erheben, dass sich jeder gleichermaßen durch uns vertreten fühlen muss. Wir fassen keine Beschlüsse, die für alle verbindlich sind.

Dennoch werden ZdK-Erklärungen heftig diskutiert, wie jüngst die Empfehlung, die katholische Kirche möge über einen Ritus zur Segnung homosexueller Paare nachdenken.

Glück Das ist natürlich ein sehr kontroverses Thema. Die starke Vielfalt ist aber ein Wesen unserer Kirche. Eine der großen Zukunftsfragen auch für das Verhältnis von Orts- und Weltkirche wird sein: Wie können wir die Vielfalt der Glaubenswege und Frömmigkeitsformen bewahren und gleichzeitig neu bedenken, wo die inhaltliche und die strukturelle Einheit der Kirche unverzichtbar ist?

Der Segnungsvorschlag für homosexuelle Paare hat auch deutsche Bischöfe zur Kritik bewogen. War die ZdK-Erklärung denn der Versuch eines Brückenschlags zu homosexuellen Paaren?

Glück Homosexuelle Menschen, die einen solchen Segen wünschen, stehen ja in enger Verbindung zur katholischen Kirche und legen auf das Leben in der Kirche Wert. Es geht dabei nicht um eine Gleichstellung wie bei der sogenannten Homo-Ehe, sondern um Formen einer neuen geistlichen Begleitung. Uns ist klar, dass das sehr diskussionsbedürftig ist.

Haben Sie aus Ihrer Partei, der CSU, Kritik entgegennehmen müssen?

Glück Nein, weil alle, die sich damit befassen, gut zu unterscheiden wissen zwischen einem Vorschlag der Segnung - also einem innerkirchlichen Vorgang - und der Forderung nach einer Homo-Ehe. Das ZdK hat nie den Weg der rechtlichen Gleichstellung homosexueller Lebenspartnerschaften vertreten. Ich warne auch davor, bei uns zu diesem Thema eine Volksabstimmung herbeiführen zu wollen. Das würde Gräben in der Gesellschaft aufreißen. Es ist in Deutschland immer gelungen, auf so schwierige Fragen in einem vernünftigen demokratischen Diskurs gute Antworten zu finden.

Ist die Kritik der Bischöfe am ZdK-Papier auch der bevorstehenden Familiensynode in Rom geschuldet?

Glück Es waren ja nicht "die deutschen Bischöfe", aber wir nehmen diese Kritik ernst. Richtig ist auch, dass sich in unserer Kirche, hier und auch in Rom, mit Blick auf die Synode eine gewisse Nervosität breitmacht. Und natürlich wird im Vorfeld der Bischofskonferenz in der Kirche eine sehr intensive Debatte geführt über den künftigen Weg.

Wird die Weltkirche mit ihrer Öffnung nach Afrika, Lateinamerika und Indien insgesamt konservativer?

Glück Mit dem Beginn des Pontifikats von Franziskus habe ich immer betont, dass dieser Papst nicht in unsere Schubladen von liberal und konservativ passt. Es zeigt sich dabei auch, dass - wie im Globalisierungsprozess generell - Europa und das europäische Denken nicht mehr der Nabel der Welt sind. Zugleich werden damit die unterschiedlichen kulturellen und kirchlichen Prägungen sichtbarer. Besonders ist dies, wie auch in den protestantischen Kirchen, beim Thema Homosexualität spürbar. Wir müssen verstehen, dass wir die bevorstehenden Beschlüsse der Familiensynode in Rom nicht nur aus deutscher Warte bewerten können. Wichtig ist, dass mit den Ergebnissen der Synode keine Türen in der pastoralen Entwicklung zugeschlagen werden - wie beim Kommunionsempfang für geschiedene Wiederverheiratete. Und dass dadurch für die Ortskirchen Handlungsspielräume entstehen.

(RP)
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