Haan „Zweite Chance für vom Bovert“

Düsseldorf · Georg Wilhelm Adamowitsch war bis 2006 Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium in Berlin. Der 60-Jährige fühlt sich für den Ruhestand noch viel zu jung. Der Spitzenbeamte außer Diensten koordiniert jetzt für die EU-Kommission die Offshore-Energie.

Der Gruitener – 1986 ließ sich Adamowitsch mit seiner Frau Ingrid in Gruiten-Dorf nieder – hat eine steile Karriere hinter sich: 1980 Referent für Regionalplanung in der Düsseldorfer Staatskanzlei, 1990 Büroleiter von Ministerpräsident Johannes Rau, 1993 Abteilungsleiter im Landesumweltministerium, dann drei Jahre in der Industrie tätig, 1999 Staatssekretär im Landeswirtschaftministerium und nach sechs Wochen Chef der Staatskanzlei unter Ministerpräsident Wolfgang Clement. 2002 wechselt Adamowitsch zusammen mit Clement als Staatssekretär ins Bundeswirtschaftsministerium nach Berlin. Zum 1. September 2006 schied er dort aus.

Im Beruf habe er viel Glück gehabt: „Ich konnte ständig etwas Neues machen.“ Gewirkt hat das SPD-Mitglied meist hinter den Kulissen. Auf einige seiner Leistungen ist er noch heute stolz. Das Verfahren Braunkohletageabbau Garz-weiler II etwa habe er erfolgreich zum Abschluss gebracht, den ARD-Finanzausgleich verhandelt oder das Stiftungsmodell zum Auslaufen der Steinkohleförderung 2018 mit entwickelt.

Für den Ruhestand fühlt sich der schlanke 60-Jährige noch viel zu jung. Deshalb koordiniert er für die EU-Kommission die Offshore-Energie, ist an einer Firma für Politik- und Wirtschaftsberatung beteiligt, sitzt im Aufsichtsrat der Mitteldeutschen Braunkohle AG und im Kuratorium der Technischen Universität Berlin.

Adamowitsch war lange in der Bundespolitik zu Hause. Was hält er von der Politik seiner Heimatstadt Haan? Knut vom Bovert brauche mehr Unterstützung, findet der Heimkehrer: „Ich habe das Gefühl, man macht dem unabhängigen Bürgermeister das Leben schwer.“ Vom Bovert sollte „zwingend eine zweite Chance“ bekommen, damit er seine Arbeit fortsetzen könne – „mit mehr Unterstützung der im Rat vertretenen Parteien“. Dann könne man für Haan mehr erreichen. Die Gartenstadt solle mehr mit der Wirtschaft zusammenarbeiten und beispielsweise über einen kommunalen Ausbildungspakt nachdenken.

„In Haan fehlt es an Phantasie“, findet Adamowitsch. Gewerbeflächen könne man auch gemeinsam mit Nachbargemeinden ausweisen und sich die Gewerbesteuer dann teilen. Der „Sozialdemokrat mit Leidenschaft und Schmerzen“ (wegen der Rücknahme der Arbeitsmarktreformen, an denen er maßgeblich mitwirkte) fährt oft mit dem Schnellbus nach Düsseldorf (weil das so bequem ist) oder verbessert sein Handicap (48 – „aber ich spiele viel besser“) auf dem Grün des Golf-Clubs Haan-Düsseltal. Im Keller hat der Kunstliebhaber eine stattliche Sammlung von Graphiken zusammengetragen. Einen Lebenstraum möchte sich der Vielgereiste noch mit seiner Frau erfüllen: mit der Eisenbahn vier Wochen quer durch Südamerika. Besonders bequem wird das sicher nicht, schwant Adamowitsch, aber bestimmt schön: „Ich war als junger Mann viel als Backpacker mit dem Rucksack unterwegs.“

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort