Schwimm-EM "Risiko zu groß": Deutsche Athleten wollen nicht nach Israel reisen

Wuppertal · Weltrekordler Paul Biedermann löste mit seinem 42. deutschen Meistertitel das EM-Ticket, Weltmeister Marco Koch bestätigte seine starke Form: Die beiden deutschen Vorschwimmer erfüllten bei der Kurzbahn-DM in Wuppertal ihre Pflichtaufgaben souverän. Zu den Europameisterschaften in Israel in zwei Wochen wollen die meisten ihrer Kollegen aber wegen erhöhter Terrorgefahr nach den Anschlägen von Paris nicht reisen.

 Schwimm-Bundestrainer Henning Lambertz macht sich nach den Anschlägen in Paris Gedanken um die Sicherheit bei der EM in Israel.

Schwimm-Bundestrainer Henning Lambertz macht sich nach den Anschlägen in Paris Gedanken um die Sicherheit bei der EM in Israel.

Foto: dpa, msc jai hpl

Biedermann siegte über 200 m Freistil in 1:43,96 Minuten und war "erstmal ein bisschen erleichtert, die Zeit ist okay, aber noch nicht so schnell". Seine Teilnahme an der EM in Netanya (2. bis 6. Dezember) ließ der 29-Jährige aber noch offen - nicht wegen der Sicherheitslage, "da mache ich mir keine Sorgen", sondern aus sportlichen Gründen. "Ich warte die 400 m am Sonntag ab. Es hängt nur davon ab, wie schnell ich schwimmen kann", sagte der Doppel-Weltmeister von 2009, der seinen ersten Kurzbahn-Wettkampf der Saison bestreitet.

Koch, der sich im Sommer in Kasan zum ersten deutschen Weltmeister über 200 m Brust gekrönt hatte, gewann einen Tag nach seinem deutschen Rekord über 400 m Lagen auch über 100 m Brust in 57,29 Sekunden. "Nach den 400 Lagen war ich klinisch tot, dafür ist die Zeit okay", sagte der 25-Jährige: "In Israel mache ich solche Faxen nicht." An seinem EM-Start lässt er keinen Zweifel: "Die Sicherheitsvorkehrungen in Israel werden gut sein. Ich find's blöd, sich von ein paar Eierköppen Angst machen zu lassen."

Die Mehrheit der deutschen Schwimmer sieht das allerdings anders. Bei einer Umfrage des Athletensprechers Hendrik Feldwehr erklärten 13 von 25 Olympia-Kandidaten, dass sie wegen Sicherheitsbedenken nicht in Netanya an den Start gehen wollen. "Ganz ehrlich: Das Risiko ist mir zu groß", sagte die WM-Dritte Alexandra Wenk dem SID. Die Bronzemedaillengewinnerin von Kasan mit der Mixed-Lagenstaffel dürfte eigentlich starten, weil sie als Zweite über 50 m Schmetterling (26,27) die Norm erfüllte.

Die EM-Richtzeit knackten am Freitag unter anderem auch Steffen Deibler (Hamburg) über 200 m Freistil und 50 m Schmetterling, Nina Kost (Heidelberg) über 100 m Freistil, Jan-Philip Glania (Frankfurt) und Marek Ulrich (Halle/Saale) über 50 m Rücken, Vanessa Grimberg (Stuttgart) und Caroline Ruhnau (Essen) über 100 m Brust, Dorothea Brandt (Essen) über 50 m Schmetterling sowie Ex-Europameisterin Jenny Mensing (Wiesbaden) über 200 m Rücken.

Selbst der Bundestrainer hat große Bedenken. "Ich bin nicht erfreut bei dem Gedanken, dass wir dahin fahren", sagte Henning Lambertz dem SID. Der Deutsche Schwimm-Verband (DSV) hat nicht nur den Schwimmern, sondern auch dem Chefcoach die EM-Teilnahme freigestellt. Ob er selbst mitfliegt, will Lambertz auch von der Größe des EM-Teams abhängig machen: "Wenn's am Ende eine Truppe von drei Athleten ist, dann könnte man auch zwei Heimtrainer und einen Physiotherapeuten mitschicken, und gut wär's."

(seeg/sid)
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