Formel 1 Frentzen: "Diesmal wird Rosberg Weltmeister"

Der ehemalige Formel-1-Fahrer über das Duell mit Hamilton, Vettels Chancen und die Probleme der Königsklasse.

Nico Rosberg Trainingsschnellster in Melbourne
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Rosberg Trainingsschnellster in Melbourne

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Heinz-Harald Frentzen (47/Mönchengladbach) fuhr von 1994 bis 2003 in der Formel 1. In 157 Rennen feierte der WM-Zweite von 1997 drei Siege, kämpfte 1999 im Jordan lange um den Titel mit und wurde letztlich Dritter. Heute lebt der Vater von drei Töchtern, der bis 2014 noch im Tourenwagensport unterwegs war, mit seiner Familie in Meerbusch.

Wer wird Formel-1-Weltmeister?

Heinz-Harald Frentzen Die anderen Teams werden es noch nicht schaffen, Mercedes zu schlagen. Lewis Hamilton oder, und auf den tippe ich, Nico Rosberg holt den Titel.

Wieso Rosberg?

Frentzen Er wird sich in dieser Saison noch steigern. Dann ist ein wichtiger Mann zu Ferrari gewechselt, der auch für Lewis Hamilton arbeitete. Hamilton und Rosberg halte ich für gleichstark. Den Ausschlag gibt aber nicht nur die fahrerische Qualität. Ich denke, dass auch die rechte Hand des Fahrers, der Renningenieur, Einfluss hat.

Was trauen sie der Kombination Vettel und Ferrari zu?

Frentzen Sie wird einen Aufwind erleben. Der Abstand zu Mercedes ist geringer geworden - und das übrigens nicht nur bei Ferrari. Ob es schon reicht, dem Weltmeister Paroli bieten zu können, bezweifle ich.

Ist die Formel 1 nicht mehr attraktiv?

Frentzen Sie ist für den Zuschauer noch immer spannend. Es sei denn, wie zuletzt, ein Team fährt vorne weg. Aber ihr fehlt etwas, weil die Autos zu sicher geworden sind.

Was bedeutet das?

Frentzen Nach den tödlichen Unfällen vor 21 Jahren von Roland Ratzenberger und Ayrton Senna sowie dem Crash von Karl Wendlinger wenig später, der lange im Koma lag, mussten wir die Autos sicherer machen. Es bestand die Gefahr, dass sich viele Sponsoren zurückziehen würden. Auch Mercedes. Obwohl gerade erst wieder dabei, überlegte man auszusteigen, wie bereits nach dem Unfall 1955 in Le Mans, als auch Zuschauer starben. Wir haben nun einen sicheren Sport erreicht, der uns jetzt selber im Weg steht.

Was hat sich verändert?

Frentzen Die Autos sind viel leichter zu fahren, sie sind gutmütiger. Junge Piloten kommen auf Anhieb mit einem Auto klar. Alle diese Faktoren kommen ja unterschwellig beim Zuschauer an. Als ich Rennen gefahren bin, war mir klar, dass diese Sache gefährlich ist. Spektakulär geht es auch heute noch zu. Doch gefährlich ist es - zum Glück - nur noch selten. Das ist leider das Makabere, dass die Formel 1 dadurch an Spannung verloren hat.

Sollte man das Sicherheitsniveau herunterschrauben.?

Frentzen Das ist kein Thema. Aber das Angebot ist sehr viel größer geworden. Es gibt viel mehr Kribbel-Sportarten, etwa Trickski oder Downhill-Mountainbiking. Selbst Skateboardfahrer mit einer Helmkamera bieten schon mal spannendere Bilder als manche Formel-1-Sendung. Junge Leute kommen nicht mehr an die Strecken, und die älteren, die den Nachwuchs zur Formel 1 brachten, werden weniger.

Ist die Formel 1 nicht mehr zuschauerfreundlich?

Frentzen Die Technik ist viel komplexer, für viele auch unverständlicher geworden. Aber sie ist wesentlich interessanter und macht den Motorsport spannender. Zu meiner Zeit konnte man den Rivalen höchstens beim Boxenstopp ausbremsen. Ich konnte zwar auf meinen Vordermann aufschließen, bin dann aber hinter ihm verhungert, wenn er keinen Fehler machte. Heute ist das mit den neuen Systemen einfacher.

Ist die Formel 1 noch eine Rennserie oder nur eine Vermarktungsbühne für die Autohersteller?

Frentzen Sie ist zum ersten Mal seit vielen Jahren wieder Technologieträger für den Autobau geworden. Durch die Hybrid- und Energie-Rückgewinnungssysteme bringt sie wieder neue Ideen und Konzepte.

Die ständigen Meldungen über Teams, die um ihre Existenz kämpfen, sind ja nicht hilfreich.

Frentzen Finanzielle Hürden gab es immer. Viele Teams sind gekommen und gegangen. Aber die Sponsoren sind weniger geworden. Es ist schwieriger, an Geld zu kommen. Selbst die Ölkonzerne sind nur noch ganz klein auf den Autos drauf. Sie sponsern lieber Fußball oder Golf, denn da ist das Grün dabei. Das ist grüner Sport. Deswegen hat die Formel 1 ja auch den Schritt hin zu neuen Technologien gemacht.

Was muss sich ändern?

Frentzen Ab 2016, 2017 sollen die Autos wieder wesentlich schneller werden, und der Fahrer soll größeren Einfluss haben. Für mich ist das der richtige Weg. Zu meiner Zeit nahm man Piloten, die erfahren waren. Man hatte zu viel Respekt davor, junge Fahrer zu wählen, die vielleicht mit Übermut an die Sache herangingen, so dass Autos kaputtgehen konnten. Heute stellt sich die Frage nach dem Alter, der Erfahrung nicht mehr.

Was treiben Sie denn heute so?

Frentzen Ich bin ja jetzt Automobilrennfahrer-Rentner. Ich werde von Firmen eingeladen, um über die Formel 1 zu sprechen, aber auch über die New Mobility - sprich Entwicklungen und Perspektiven. Auch im privaten Bereich laufen noch verschiedene Projekte.

Werden Sie noch mal Rennen fahren?

Frentzen Ich habe mich ja nie verabschiedet. Aber ob ich noch mal fahre, kann ich nicht sagen.

E. Czekalla führte das Gespräch.

(RP)
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