Neuss Der sozialistische Möbel-Milliardär

Neuss · Kurt Krieger zählt zu den reichsten Deutschen. Jetzt eröffnet er in Neuss ein neues Höffner-Haus.

An einem Klavier geht Kurt Krieger ungern vorbei. "Ist das gestimmt?", fragt er beim Interviewtermin im Pressehaus. Ehe er die Antwort hört, sitzt er schon auf dem Hocker, klappt den Deckel hoch und fliegt über die Tasten. Ein scheinbar rastloser Mega-Einzelhändler, der Klavier spielt und dabei die Zeit vergisst. Ein Flugzeug kann er eh' nicht verpassen. Er hüpft mit seinem Hubschrauber von Möbelhaus zu Möbelhaus - und sitzt dabei selbst am Steuer. Sein jüngstes Lieblingsziel ist Neuss. In der rheinischen Großstadt öffnet Möbel Höffner gerade sein 18. Haus. Gestern Abend konnten 1000 geladene Gäste die Möbel-Landschaft auf 46 000 Quadratmetern Verkaufsfläche bestaunen. Zum Eröffnungstag am Samstag, 27. Dezember, erwartet Haus-Leiter Jens Olding (36) dann gar 20 000 Besucher. Auch am letzten Sonntag im Jahr, 28. Dezember, hat Höffner geöffnet.

Kurt Krieger, zu dessen Imperium längst nicht mehr nur Höffner, sondern auch Möbel Kraft und Sconto gehören, expandiert. 10 000 Beschäftigte, zwei Milliarden Euro Umsatz. Jedes Jahr ein neues Haus. In einem Markt, in dem ein beinharter Konzentrationswettbewerb tobt, will er zu den Überlebenden zählen. Für dieses Ziel investiert er. Nach eigenen Angaben hat er in das Neusser Projekt mehr als 100 Millionen Euro gepumpt. Hinter Branchenprimus Ikea und der Steinhoff-Gruppe (Poco, XXXLutz) ist Krieger bundesweit die Nummer drei.

Hager, Brille, Bart, wirres Haar, keine Krawatte - Kurt Krieger tritt bescheiden, fast unscheinbar auf. Wer ihn nicht kennt, wird in ihm nicht einen der reichsten Deutschen vermuten. Mit einem geschätzten Privatvermögen von einer Milliarde Euro listet das Manager Magazin den Möbel-Mogul auf Platz 126. Nicht schlecht für einen, der sich als "alter Sozialist" bezeichnet, der im Berliner Arbeiterviertel Wedding groß wurde. Weil er auch ein Patriot sei, so Krieger, habe er auch keinen Cent im Ausland: "Ich finde, es ist Pflicht eines jeden Unternehmers, in Deutschland Steuern zu zahlen." So versucht er sich offenbar vom schwedischen Mitbewerber abzugrenzen. Ikea steuere seine Geldflüsse legal so, "dass in den Niederlanden nur pauschal acht Prozent fällig werden."

Krieger wurde vor 66 Jahren geboren. Der kleine Kurt wollte Musiker werden, aber "dazu reichte es nicht". Als auch die Berufswünsche Pfarrer und Physiker platzten, eröffnete er als 19-Jähriger in Berlin 1967 sein erstes Möbelhaus. Er stieg nicht als Erbe ins elterliche Möbelgeschäft ein, sondern wollte etwas Eigenes schaffen. Für 25 000 Mark kaufte er den Namen Höffner, den einst das größte Möbelunternehmen im Osten der Stadt trug, ehe es von den DDR-Machthabern enteignet wurde.

Aller Anfang ist schwer. Auch für Kurt Krieger. Er kämpfte sich nach Rückschlägen zurück, studierte Betriebswirtschaft und hatte Höffner stabilisiert, als sich ihm im wieder vereinten Deutschland nach dem Fall der Mauer die große Chance eröffnete: Er ging auf Expansionskurs und ist heute mit Höffner die größte Möbelkette in Ostdeutschland.

Nun zieht Kurt Krieger gen Westen. Nach Rösrath ist Neuss das zweite NRW-Standbein. Wo er demnächst im Rheinland auch bauen wird, es wird wieder ein Mega-Haus werden: "Wir wollen dem Durchschnitt über Größe entrinnen."

(RP)
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