Wolfsburg Fonds: VW soll 30.000 Jobs abbauen

Wolfsburg · Anleger beklagen, dass der Autobauer Volkswagen nicht profitabel genug sei. Deswegen machen Hedgefonds Druck auf VW, Kosten zu sparen. Im Unternehmen denkt man unterdessen über eine Anpassung der Manager-Boni nach.

Der britische Hedgefonds TCI fordert von VW den Abbau von bis zu 30.000 Arbeitsplätzen. Der Wolfsburger Konzern wäre ohne Weiteres in der Lage, durch natürliche Fluktuation auf vier bis fünf Prozent seiner weltweit 610.000 Beschäftigten zu verzichten, sagte TCI-Partner Ben Walker. Allein durch die Nichtbesetzung freiwerdender Stellen könne Volkswagen bis zu drei Milliarden Euro einsparen. Dabei unterstellt TCI ein Jahresgehalt von 100.000 Euro, was ein durchschnittlicher VW-Arbeiter aber nicht erreicht.

Die Wolfsburger hatten zuvor in einem Schreiben der Kritik von TCI an Missständen bei Volkswagen in einigen Punkten zugestimmt. Walker begrüßte dies, machte zugleich aber klar, dass die von VW zur Steigerung der Produktivität eingeleiteten Schritte nicht ausreichten. Die Gewerkschaften und das Land Niedersachsen als drittgrößter Aktionär müssten das Management unterstützen, um eine Wende herbeizuführen. "Niedersachsen und die Gewerkschaften müssen anerkennen, dass ein erfolgreiches Automobilunternehmen auf Dauer nicht mit Renditen von zwei Prozent überleben kann", sagte Walker. Weder VW noch das Land Niedersachsen äußerten sich dazu.

VW schlägt die Kritik nicht in den Wind: "Volkswagen kann und sollte das profitabelste Unternehmen in der Autowelt sein", schrieb Finanzvorstand Frank Witter in einem Antwortschreiben an TCI. Volkswagen werde beweisen, dass der Konzern weit mehr als nur die Summe seiner zwölf Marken sei. Dies sei man sowohl den Aktionären als auch Kunden und Beschäftigten schuldig.

TCI-Gründer Chris Hohn hatte vor eineinhalb Wochen angeprangert, dass VW zu unflexibel sei und Reformen verlangt. Er hatte insbesondere die hohen Arbeitskosten kritisiert. Der Fonds TCI will erreichen, dass Europas größter Autobauer mehr Geld an seine Aktionäre ausschüttet.

Witter bekräftigte, dass Konzernchef Matthias Müller noch vor der Sommerpause seine neue Strategie bis 2025 präsentieren werde. Kurz danach wolle man deren finanzielle Auswirkungen analysieren, kündigte er an. Auch bei der Kritik an den Managerboni ging VW in dem Schreiben vom 17. Mai auf TCI ein. Das derzeitige Vergütungssystem müsse geändert werden, dies werde Teil der neuen Strategie sein.

In dem zweiseitigen Schreiben wies Witter auf erste Erfolge von Markenchef Herbert Diess bei der Senkung der Kosten und der Neuausrichtung von VW hin. Oberste Priorität habe für ihn, die Leistungsfähigkeit der Marke zu steigern. Witter hob dabei die von Diess eingeführte Neuordnung von Entwicklung, Produktion und Vertrieb entlang der Baureihen hervor.

Zugleich machte er deutlich, dass die Aufarbeitung des Abgasskandals Voraussetzung sei, damit VW seine Kräfte entfalten könne. Hier sei durch die Grundsatzeinigung mit den US-Behörden im April ein wichtiger Schritt gemacht worden. VW hat noch bis 21. Juni Zeit, um den Kompromiss mit der US-Regierung auszuarbeiten. Davon hängt ab, wie hoch die Strafe für Verstöße gegen US-Umweltrecht ausfällt.

Auch in anderen Ländern muss sich VW vor Gericht verantworten. Die juristischen Forderungen von Anlegern sind milliardenschwer. Allein am Landgericht Braunschweig sind zudem im Zuge des Skandals bislang 46 Klagen von Besitzern eines Autos von VW eingereicht worden. Sie würden entweder den jeweiligen Verkäufer des Fahrzeuges, ein Autohaus oder die Volkswagen AG auf Rückabwicklung des Kaufvertrages oder den Konzern als Hersteller auf Schadenersatz verklagen, teilte das Gericht mit. Darüber hinaus lägen 114 Schadenersatzklagen von Kapitalanlegern gegen den Konzern vor. Sie beklagen, dass VW den Aktienmarkt zu spät über die drohenden Konsequenzen der Diesel-Manipulationen informiert hat.

(dpa/rtr)
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