Dieselskandal Volkswagen erzielt Vergleich mit US-Justiz

Washington · Volkswagen hat mit der US-Regierung einen milliardenteuren Vergleich im Dieselskandal ausgehandelt. Umgerechnet 4,1 Milliarden Euro muss der Autokonzern an Bußgeld und Strafen zahlen. Bereits am Dienstag hatte es Grüchte über einen Vergleich gegeben.

 Volkswagen hat in den USA Betrug zugegeben.

Volkswagen hat in den USA Betrug zugegeben.

Foto: 3502

Der Wolfsburger Autokonzern Volkswagen hat im Abgasskandal in den USA den Betrug an Behörden und Kunden eingeräumt. VW muss deswegen umgerechnet 4,1 Milliarden Euro Bußgelder und Strafe zahlen, erklärte das Unternehmen am Mittwochabend. Gleichzeitig wurden die Gerichtsdokumente veröffentlicht. Aus denen geht hervor, dass VW bei den Emissionen von knapp einer halben Million Dieselfahrzeugen von Mai 2006 bis November 2015 betrogen habe. Das Unternehmen bekenne sich der Verschwörung und der Behinderung der US-Justiz schuldig. Verantwortlich seien Manager unterhalb der Vorstandsebene.

Justizministerin Loretta Lynch hatte die große Bühne gewählt, um vor der versammelten Hauptstadt-Presse die Milliarden-Einigung zu verkünden.
Sie warf VW "ungeheuerliche Gesetzesverstöße" vor - und drohte, die Ermittlungen seien noch nicht zu Ende. "Wir werden Volkswagens Versuche, Verbraucher in die Irre zu führen und die Regierung zu betrügen, weiter untersuchen." Von einer "Verschwörung" ist die Rede, ebenso wie von einer gezielten "Blockade der Justiz".

VW-Chef Matthias Müller erklärte: "Volkswagen bedauert die Handlungen, die zur Dieselkrise geführt haben, zutiefst und aufrichtig." Aber bei der Aufarbeitung habe man nichts schleifen lassen. "Seit Bekanntwerden haben wir unermüdlich daran gearbeitet, die Dinge für unsere betroffenen Kunden wieder in Ordnung zu bringen." VW sei "heute ein anderes Unternehmen". Doch auch wenn die Einigung ein Meilenstein ist - ausgestanden ist die Affäre nicht.

Das US-Justizministerium hatte den Wolfsburger Konzern vor fast genau einem Jahr verklagt wegen des Verstoßes gegen das Luftreinhaltegesetz. Volkswagen hatte im September 2015 die Manipulation von elf Millionen Autos weltweit zugegeben, darunter knapp eine halbe Million Fahrzeuge in den USA. Dort war der Skandal auch aufgedeckt worden. Eine illegale Software sorgte dafür, dass Grenzwerte für gesundheitsschädliches Stickoxid nur auf dem Prüfstand eingehalten werden. Im normalen Straßenverkehr liegen sie um ein Vielfaches höher.

Mit dem Deal in den Vereinigten Staaten kauft VW sich nun weitgehend frei — allerdings zu einem hohen Preis und nur als Unternehmen. Weitere Prüfungen gegen Manager, Ingenieure oder andere einzelne Verantwortliche stehen auf einem anderen Blatt.

"Die Vereinbarung, die jetzt in den USA im Raum steht, hat keinen Einfluss auf unsere Verfahren hier in Deutschland", betonte der Braunschweiger Oberstaatsanwalt Klaus Ziehe. Seine Behörde ermittelt aktuell gegen 31 Beschuldigte — wegen möglicher Marktmanipulation auch gegen Ex-Konzernchef Martin Winterkorn, VW-Markenchef Herbert Diess sowie Chefaufseher und Ex-Finanzvorstand Hans Dieter Pötsch.

Welche Rolle sie gespielt haben, werde unabhängig vom US-Verfahren nach wie vor mit Hochdruck geprüft. Der Austausch mit den amerikanischen Kollegen sei dabei in allen Fragen "sehr eng und gut", unterstrich Ziehe auch mit Blick auf die laufenden deutschen Verfahren - "und die Quellen können sich auf beiden Seiten befinden."

Die finanzielle Last der Diesel-Affäre drückt derweil immer stärker auf die VW-Bilanz, die wegen nötiger Milliarden-Einsparungen im "Zukunftspakt" ohnehin arg angespannt ist. Da der Konzern sich mit Kunden, Autoverkäufern und Behörden bei US-Zivilklagen bereits auf Vergleiche geeinigt hat, die über 17 Milliarden Dollar kosten könnten, werden die Rückstellungen wohl nicht reichen.

Bislang hatte VW 18,2 Milliarden Euro für Rechtskosten beiseite gelegt. Nun dürfte die Rechnung weiter steigen. "Die Summe tut weh, wäre aber verkraftbar", glaubt der Experte Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen - mögliche Folgen der Klagen von Aktionären wegen zu später Information zum Skandal nicht einbezogen.

Mit dem nun erzielten Vergleich erfährt Volkswagen die volle Härte des US-Rechts. Denn neben den hohen Bußgeldern sollen die Deutschen auch ihre Kontrollsysteme verstärken und ein Schuldgeständnis abgeben. Damit gibt man kriminelle Handlungen zu. VW hatte zwar frühzeitig Fehler eingeräumt — bislang aber keine Verbrechen.

Etwas Positives dürfte der teure Straf-Vergleich immerhin haben: Man könnte sich endlich wieder auf das Tagesgeschäft konzentrieren. "Es ist eine gute Nachricht", meint Arndt Ellinghorst vom Analysehaus Evercore ISI. Es sei zudem eine Erleichterung, dass der Konflikt nicht in die Amtszeit der neuen US-Regierung verschleppt werde. Es gab große Bedenken, dass die ab 20. Januar antretende Administration des gewählten Präsidenten Donald Trump den Fall neu aufrollen könnte.

(rent/REU/dpa)
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