"Knight of Cups" auf der Berlinale Sinnkrise mit Terrence Malick

Berlin · Der scheue US-Regisseur erzählt in "Knight of Cups" von der Sinnkrise eines Mannes. Gedreht hat er unter anderem mit den Hollywoodstars Natalie Portman und Christian Bale, die zur Premiere nach Berlin kamen. "Wir wussten nicht, in welcher Geschichte wir eigentlich spielen", erzählten die von den Dreharbeiten.

 "Knight of Cups" zählt zu den Höhepunkten der Berlinale.

"Knight of Cups" zählt zu den Höhepunkten der Berlinale.

Foto: dpa, kde

Da ist sie wieder, diese taumelnde Bilderflut, in die man eintaucht, wenn man sich auf Terrence Malick einlässt. In "Tree of Life" hat der US-Regisseur meisterhaft vorgemacht, wie man mit dem Bewusstseinstrom von Figuren, all den Bildern, die ihnen durch den Kopf rauschen, während sie denken und handeln, Geschichten erzählen kann. Der Film gewann 2011 die Goldene Palme in Cannes.

Nun ist Malick nach Berlin gekommen. Gesehen hat ihn die Öffentlichkeit allerdings nicht, das weiß der scheue Regisseur stets zu verhindern. Er will, dass allein sein Werk wirkt, dass der Zuschauer hinabgerissen wird in den Strudel seiner Gedanken und inneren Bilder.

In "Knight of Cups" setzt sich aus unzähligen Bruchstücken die Geschichte eines Mannes zusammen, der um die 40 ist, in Los Angeles lebt, Erfolg hat, Geld, zu den Partys der Reichen eingeladen wird. Doch innen fühlt sich das leer an. In seinem Kopf haben Stimmen begonnen, nach dem Sinn zu fragen, nach dem anderen Leben, das auch möglich wäre, nach dem Neubeginn.

Christian Bale spielt diesen Mann, der durch die Tage taumelt, unentschlossen, erschöpft vom Hedonismus. Erinnerungen steigen in ihm auf an den Vater, die Brüder, die Frauen, die er verlassen hat. Mit Cate Blanchett war er verheiratet.

Sie lebt das Gegenmodell zu seiner flüchtigen Existenz. Sie ist Ärztin, kümmert sich um Männer von der Straße, verkörpert Anteilnahme, Menschlichkeit. Mit Natalie Portman hatte Rick eine ernste Affäre. Sie ist verheiratet, wird schwanger, verzweifelt.

Wie Episoden tauchen diese Geschichten auf, sie wogen heran wie die Wellen, die Malick auch immer wieder filmt. Das Meer, das Wasser, die Unendlichkeit, das sind seine Medien. Im Rhythmus der Wellen schneidet er seine Taumbilder, mischt sie mit Kamerafahrten durch Städte, an Häuserfassaden empor, an endlosen Straßen entlang. Auch Berlin taucht für Sekunden auf, die Reichstagskuppel, der Bahnhof, dann ist man wieder in L.A. oder in Las Vegas, wo man dem Hedonismus Tempel und Pyramiden baut.

Die inneren Monologe der Figuren hört der Zuschauer aus dem Off, manchmal auch einen einsamen Erzähler, der Fragen stellt. Nach dem Sinn des Lebens, nach dem Woher und Wozu. Wer sich darauf einlässt, kann hineingleiten in das eigene Unterbewusste, fügt den fremden Stimmen die eigene hinzu. Das ist die Magie des Terrence Malick, darin ist er unerreicht.

Doch in "Knight of Cups" gelingt es ihm nicht wie in "Tree fo Life", aus all den Assoziationen auch eine markante Geschichte zu formen. Der Film bleibt vager, damit auch unverbindlicher. Dafür wird Malick expliziter in der Darstellung des Hedonismus, dem sich seine Hauptfigur hingibt.

Christian Bale wird in Tabledance-Bars geschickt, tollt mit Prostituierten durchs Hotelzimmer, ist bei Foto-Shootings dabei. Immer erscheinen neue Schönheiten in seinen Gedankenwelten, Frauen in dünnen Kleidchen flattern durch die Szenen, sitzen mit ihm im Auto, strecken die Arme in den Fahrtwind.

Das ist ein Blick auf Frauen, der irgendwann lästig wird, weil er Klischees bedient, den Kitsch mehr als streift. Nur Cate Blanchett als verlassene Ehefrau darf sich ein wenig Charakter erspielen, die restlichen Gefährtinnen sind Staffage in Männerträumen.

Malick ist ein Bildkomponist, ein Filmmagier, der sein Material tief aus der Seele zu schöpfen scheint. Man kann sich dem hingeben, abdriften in seine Welten. Sich sehen nach dem anderen Leben, dem pureren Sein, das er auch in "Knight of Cups" beschwört. Es ist ein Nirwana, an dem alles Streben, aller Ehrgeiz, alle Furch ein Ende haben.

Malick überlässt es jedoch jedem einzelnen, nach dem Weg dorthin zu suchen. Gesellschaftliche Bedingungen interessieren ihn nicht. Das ist das Esoterische an seiner Kunst. Das macht sie bei aller traumhaften Schönheit so unverbindlich.

(dok)
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