Kinostart von "Silence" Liam Neeson fällt vom Glauben ab

Düsseldorf · In "Silence" führt Martin Scorsese den Zuschauer ins Japan des 17. Jahrhunderts. Zwei Jesuitenpater suchen dort ihren Mentor.

Liam Neeson spielt den Pater Ferreira im Film "Silence".

Liam Neeson spielt den Pater Ferreira im Film "Silence".

Foto: dpa, csa

Krasser könnte der Unterschied zu seinem vorigen Film kaum sein. Mit dem schrillen Hochgeschwindigkeits-Börsen-Thriller "The Wolf of Wall Street" ging Martin Scorsese vor drei Jahren dem turbulenten Chaos von Betrug und Korruption an der Wall Street nach. Mit dem Kostüm-Epos "Silence" begibt sich der Oscar-Preisträger nun auf eine stille, aber extrem brutale Glaubensreise in das ferne Japan des 17. Jahrhunderts. Es ist ein lang gehegtes Herzensprojekt, das der Regisseur (74, "The Departed: Unter Feinden") seit mehr als 20 Jahren verfolgt.

"Silence" führt zurück in das Jahr 1638, als zwei junge Jesuitenpater von Portugal aus die gefährliche Reise in das vom Westen abgeschottete Japan antreten. Dort soll ihr früherer Mentor und Kirchenlehrer Cristóvão Ferreira (Liam Neeson) vom Glauben abgefallen sein. Es sind völlig neue Rollen für "Spider-Man"-Darsteller Andrew Garfield und "Star Wars"-Star Adam Driver, die sich nun als Missionare auf ein gefährliches, entbehrungsreiches Abenteuer einlassen.

Auch für die Zuschauer ist das kein Spaß. Auf über zweieinhalb Stunden Länge führt Scorsese die brutale Unterdrückung der christlichen Minderheit durch die japanischen Machthaber vor Augen. Sie sind unmenschlichen Entbehrungen und schlimmsten Foltermethoden ausgesetzt.

Die bedrängten Pater stellen dabei immer wieder die Frage, wie Gott zu so viel Leid schweigen kann. Auch Scorsese hadert nach eigenem Bekunden mit tiefgründigen Glaubensfragen. "Wo kann ich den Sinn der Existenz und den Sinn des Lebens finden? Für mich ist es das Christentum", sagte der Regisseur kürzlich, als er seinen Film "Silence" am theologischen Fuller-Seminary im kalifornischen Pasadena vorstellte.

Religion spielte in Scorseses Leben schon lange eine Rolle. Der Sohn sizilianischer Einwanderer war in seiner Jugend Messdiener, zeitweise wollte er Priester werden. 1988 brachte er die heftig umstrittene Buchverfilmung "Die letzte Versuchung Christi" ins Kino. Konservative Christen riefen damals wutentbrannt zum Boykott des ihrer Ansicht nach "blasphemischen" Films auf.

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Foto: Chris Pizzello/Invision/AP/Chris Pizzello

In dieser Zeit las Scorsese auch den Bestseller "Schweigen" (1966) des japanischen Autors Shusaku Endo (1923 bis 1996), der als Elfjähriger mit seiner Mutter zum Katholizismus übergetreten war. Der auf historischen Ereignissen beruhende Roman bildet nun die Vorlage für "Silence". Sein Herzensprojekt stellte Scorsese im vorigen November Jesuiten in Rom vor - bei der Gelegenheit wurde der amerikanische Filmemacher auch von Papst Franziskus empfangen.

Bei der Oscar-Akademie und an den Kinokassen holte sich der Meisterregisseur mit seinem Glaubenskrieg-Epos allerdings eine Abfuhr. Scorsese mag mit epischen Bildern und einer Spitzenbesetzung - darunter auch Japans Multitalent Tadanobu Asano (hierzulande etwa aus "Der Mongole" und "Thor" bekannt) - aufwarten, doch an dem religiösen Abenteuer hatte das amerikanische Publikum sehr wenig Interesse.

Enttäuschung auch bei den Oscar-Nominierungen. Am Ende wurde nur die Kameraführung des Mexikaners Rodrigo Prieto ("Brokeback Mountain", "The Wolf of Wall Street") mit einer Nominierung gewürdigt. Tatsächlich meistert Prieto eine Gratwanderung zwischen erschreckend grausamen Szenen, die sich stets mit stillen, ergreifenden Bildern von Menschen und Natur abwechseln.

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An wuchtige Filmdramen wie "Zeit der Unschuld" und "Gangs of New York" reicht "Silence" allerdings nicht heran. Möglicherweise verzichtete Scorsese ganz bewusst auf eine opulente Inszenierung, um sich ganz auf den religiösen Kern zu konzentrieren.

Silence, USA 2016 - Regie: Martin Scorsese, mit Andrew Garfield, Adam Driver, Liam Neeson, 159 Min.

(dpa)
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