Kinostart von "Doctor Strange" Normalo trainiert für die Rettung der Welt

Düsseldorf · In "Doctor Strange" wird Hollywoodstar Benedict Cumberbatch zum Superhelden - ohne übernatürliche Kräfte.

 Benedict Cumberbatch spielt den Fantasy-Protagonisten.

Benedict Cumberbatch spielt den Fantasy-Protagonisten.

Foto: Screenshot: Youtube (Marvel Entertainment)

Sein Name ist Strange, Doctor Strange. So viel Zeit muss sein, auch wenn man als frisch gewaschener Superheld zum ersten Mal einem Bösewicht gegenübersteht. Schließlich war er einmal der beste Neurochirurg in New York, verdiente das ganz große Geld, bis er mit seinem Lamborghini einen verhängnisvollen Unfall baute. Eine Nervenverletzung lässt die Hände fortan zittern, so dass er weder Stift, Rasierer, geschweige denn ein Skalpell halten kann.

Nicht mit dem Aufstieg, sondern mit dem Fall des Helden beginnt Scott Derricksons "Doctor Strange" - die neueste Comic-Verfilmung der Marvel-Studios. Spinnenbisse ("Spider-Man"), genetische Manipulation ("X-Men"/ "Captain America"), Hightech-Anzüge ("Iron Man") oder göttliche Kräfte ("Thor") sind in der "Marvel"-Welt normalerweise die Quelle übernatürlicher Superheldenkräfte. Doctor Strange (Benedict Cumberbatch) indes muss sich den Weltenretterstatus hart erarbeiten.

Weil die westliche Schulmedizin ihm nicht mehr weiterhelfen kann, landet der gescheiterte Chirurg vor der Tür eines Klosters in Nepal. Dort verspricht die "Älteste" (Tilda Swinton) Heilung, sofern sich der Patient einem rigiden fernöstlichen Selbsterfahrungstraining unterwirft, das nicht nur Körper und Geist in Einklang bringen, sondern dem gelehrigen Schüler auch mystische Zauberkräfte verleihen soll. Damit hofft Strange, die eigene Krankheit zu besiegen, aber seine Lehrmeisterin hat Größeres mit ihm vor.

Der Bösewicht Kaecilius (Mads Mikkelson), dessen Make-up an Glam-Rock-Musiker der 80er Jahre erinnert, ist selbst bei der "Ältesten" in die Lehre gegangen, paktiert aber nun mit den dunklen Mächten. Mit ein paar Handbewegungen kann er eine ganze Großstadtkulisse zusammenfalten, drehen und wenden, wie es ihm gerade passt. Wer die Bilder von M.C. Escher oder Christopher Nolans "Inception" kennt, kann sich die optischen Labyrinthe vorstellen, die hier in feinstem 3D auf die Leinwand gezaubert werden. Das ist doch einmal eine gelungene Abwechslung zu der dumpfen Zerstörungswut, mit der die Schlachten zwischen Gut und Böse normalerweise in diesem Genre ausgetragen werden.

Überhaupt entfaltet dieser "Doctor Strange" durchaus innovatives Potenzial in der Welt, die die Produktionsfirma ganz unbescheiden das "Marvel Cinematic Universe" nennt. Ihren besonderen Kick bekommt diese Comic-Adaption durch den fernöstlichen Mystizismus, der die Grenzen von Raum und Zeit durchlässig werden lässt. Deutlich spürt man hier auch den Geist der wilden Sechziger, der schon durch die Comicvorlage von Steve Ditko und Stan Lee aus dem Jahre 1963 wehte.

Die Sehnsucht nach Bewusstseinserweiterung prägte jene Ära, und so sehen die ersten außerkörperlichen Erfahrungen des Doctor Strange wie cineastische LSD-Trips aus. Hinzu kommt die hervorragende Besetzung mit Cumberbatch und Swinton, die ihren Figuren Intelligenz und Charisma verleihen. Mit "Doctor Strange" haben die "Marvel"-Studios eine interessante, aber auch dringend notwendige Erweiterung ihres Heldenarsenals vorgenommen, das in den vergangenen Jahren in immer neuen, selbstgefälligen Sequel-Verknüpfungen deutliche Ermüdungserscheinungen freigesetzt hat.

Doctor Strange, USA 2016 - Regie: Scott Derrickson, mit Benedict Cumberbatch, Tilda Swinton, Mads Mikkelsen

(RP)
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