"Sehnsucht nach Paris" im Kino Eine liebeshungrige Bäuerin flieht nach Paris

Düsseldorf · In "Sehnsucht nach Paris" spielt Isabelle Huppert ein romantisches Landei. Mal eine ganz andere Rolle des französischen Filmstars.

Isabelle Huppert in "Sehnsucht nach Paris" als liebeshungrige Bäuerin
Foto: dpa, kde

Im französischen Kunstkino steht Isabelle Huppert für Drama, Intrigen, die Femme fatale in mimischer Vollendung. Bei ihrem Namen denkt man an Claude Chabrol, dessen Muse sie einst war. An die kalte Mörderin aus "Biester", die beziehungsgestörte Lehrerin aus Michael Hanekes "Die Klavierspielerin", die Giftspritze aus "8 Frauen". Jetzt geht die 61-Jährige mal in einer Rolle auf, die man so luftig und charmant erst nicht von ihr erwartet hätte: die liebeshungrige Bäuerin.

Brigitte ist in ihren Fünfzigern und langweilt sich halb zu Tode. Die Rinderfarm in der Normandie, die sie mit ihrem Mann Xavier (Jean-Pierre Darroussin) betreibt, läuft gut, der Sohn ist erwachsen und aus dem Haus. Zwischen Bullenzucht und Gutenachtkuss ist die Ehe irgendwann sachte eingeschlafen. Als Brigitte sich eines Abends zu einer Party bei Nachbarn davonstiehlt und mit einem jüngeren Mann aus Paris flirtet, setzt das etwas in ihr frei. Unter dem Vorwand, einen Arzt aufsuchen zu müssen, fährt sie für drei Tage nach Paris.

Regisseur Marc Fitoussi ("Copacabana") inszeniert diesen Kurztrip mit dem nervösen Flair eines Lausbubenstreichs. Es ist, als sähe man Brigitte beim Tanzen zu, auch wenn sie dabei im besten Landei-Stil immer wieder über ihre Füße stolpert. Der Besuch beim jungen Mann von der Party wird zum peinlichen Dauerflop, der anschließende Flirt mit dem dänischen Geschäftsmann Jesper (Michael Nyqvist) birgt auch seine Fettnäpfchen. Aber Huppert fühlt sich so selbstironisch und liebevoll hinein in diese konfuse Frau, die ihre Gummistiefel nur einmal gegen Absätze und ein wenig männliche Aufmerksamkeit eintauschen will, dass man dem Film seine Stadt-Land-Klischees gern verzeiht.

Bittersüß und abgeklärt erzählt "Sehnsucht nach Paris" von der stillen Wucht, mit der ein zweiter Frühling über ein sorgsam durchstrukturiertes Dasein hereinbrechen kann. Und er analysiert mit Humor und einigem Scharfsinn das Lebensrisiko Langzeitehe. Besonders angenehm ist die unaufgeregte, großzügige Art, in der Fitoussi seine Heldin ihrem Seitensprung entgegentaumeln lässt. Der Film ist lebensklug genug, Brigittes Handeln nicht übermäßig abzustrafen. Ihr Jesper hat auch mehr von einem Therapeuten als von einem Liebhaber. Die Romanze spielt sich zwischen Brigitte und ihrem Mann ab. Natürlich bleibt Xavier das Treiben seiner Frau nicht verborgen. Am Ende stehen Optimismus und ganz neue Erkenntnisse über den Partner.

(RP)
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