Verband fälschte bei der Wahl des Lieblingsautos Manipulierte Wahl stürzt ADAC in Krise

Bei einem Autopreis hat der ADAC das Abstimmungsergebnis gefälscht. War die Geschäftsführung eingeweiht?

"Wut auf den gelben Giganten"
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Foto: dpa, Federico Gambarini

Fast eine Woche lang hat der ADAC den Skandal geleugnet - am Sonntag folgte das Geständnis. Beim Autopreis "Gelber Engel" sei die Zahl der abgegebenen Stimmen "geschönt" worden, teilt der Autoclub auf seiner Internetseite mit.

ADAC-Kommunikationschef Michael Ramstetter, zugleich Chefredakteur der Mitgliederzeitschrift "Motorwelt", habe die Manipulation eingeräumt. Mit seinem Rücktritt von allen ADAC-Funktionen übernehme er "die alleinige persönliche Verantwortung".

Rücktrittsforderungen

Ob das reicht? Schon am Dienstag hatte die "Süddeutsche Zeitung" berichtet, dass in Wahrheit nur 3409 Stimmen für das Siegerauto "VW Golf" abgegeben wurden. Der ADAC nannte hingegen als offizielles Ergebnis 34.299 Stimmen. Der "Gelbe Engel" gehört neben dem von der Bild-Zeitungsgruppe verliehenen "Goldenen Lenkrad" und dem von einer internationalen Jury ausgewählten "Car of the year" ("Auto des Jahres") zu den wichtigsten Auto-Preisen Europas.

"Die Vertrauenskrise beim ADAC ist jetzt so groß, dass der Rücktritt eines Pressesprechers nicht reicht", sagt der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer, "das muss auch Konsequenzen in der Geschäftsführung haben." Was wusste zum Beispiel ADAC-Geschäftsführer Karl Obermair?

Schon bei der Preisverleihung unsicher

Wenn "Europas größter Verein" (19 Millionen Mitglieder) zur Kür von "Deutschlands beliebtesten Auto" bittet, lässt sich die automobile Hochprominenz nicht lange bitten: 400 hochkarätige Gäste aus Wirtschaft und Politik - darunter fast alle Chefs der deutschen Automobilwirtschaft - waren am Donnerstag dabei, als Obermair in der Münchner Allerheiligen-Hofkirche den "Gelben Engel" verlieh.

Einer von ihnen: Stefan Bratzel, Chef des "Center of Automotive" an der Fachhochschule Bergisch Gladbach. "Obermair wirkte schon bei der Preisverleihung sehr unsicher", berichtet Bratzel. Durch die Veranstaltung führte TV-Moderatorin Nina Ruge. Als sie Obermair mit den Manipulationsvorwürfen konfrontierte, "hat der sehr ausweichend geantwortet", erinnert sich Bratzel.

Der Spott fiel Obermair auf die Füße

Die konkrete Frage nach der Zahl der abgegebenen Leserstimmen habe er "konsequent ignoriert". Stattdessen machte Obermair seinem Ärger über den Enthüllungsbericht der "Süddeutschen" Luft. Er sprach von "Unterstellungen und Unwahrheiten", nichts sei älter als die Tageszeitung von gestern. "Mit der packt man den Fisch ein", sagte Obermair nach übereinstimmender Auskunft verschiedener Gäste.

Selbst Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) sagte am Sonntag: "Die Vorgänge zeigen, dass großen Verbänden manchmal etwas mehr Bescheidenheit gut täte." Dobrindt streitet gerade mit dem ADAC über die Einführung einer Pkw-Maut für Ausländer. Der ADAC selbst betont in einer Presseerklärung, weder das Präsidium noch die Geschäftsführung seien "zu irgendeinem Zeitpunkt" über die Unregelmäßigkeiten informiert gewesen.

Neben dem "Gelben Engel" stoßen alljährlich auch die Pannen- und Tunnelstatistiken des ADAC auf großes Interesse. Während diese von einigem Nutzwert für Autokäufer sind, ist die Wahl des "beliebtesten Autos der Deutschen" ohnehin überflüssig. Denn darüber gibt schon die Zulassungsstatistik des Kraftfahrtbundesamtes Auskunft. Die führte im vergangenen Jahr der VW Golf mit 244.249 Neuzulassungen an, gefolgt vom VW Passat (72 048) und dem 3er BMW (69486).

(rei)
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