Sommerserie Der Geist von Admiral Lord Nelson

Die gebürtige Düsseldorferin Kirsten Schneider Kohnke hat in Bayern ein tropisches Paradies gefunden. Sie leitet das Hotel Victory, das der berühmten Erdinger Therme angeschlossen ist.

Egal, ob Kirsten Schneider Kohnke gerade in München, Kitzbühel, Wien oder London gearbeitet hat - an jedes Auto hat sie das Kennzeichen ihrer Heimat geschraubt: ME für Kreis Mettmann. Die Hoteldirektorin wurde 1966 in Düsseldorf geboren, wuchs in Erkrath auf, tourte in ihrem Job durch Deutschland, Europa und die USA und war mit 29 jüngste Hotelmanagerin Deutschlands. Seit wenigen Wochen ist sie mit einem bayerischen Nummernschild mit den Buchstaben ED unterwegs. ED wie Erding, bekannt für sein Weißbier und die dortige Therme, die größte überdachte Badelandschaft der Welt. Schneider Kohnke leitet das dazugehörige Hotel, das Anfang des Jahres dort angedockt hat. "Ich bin angekommen. Ich baue mir soziale Bindungen auf, was ich seit 25 Jahren nicht mehr richtig machen konnte, weil ich oft der Feuerwehrmann war", erzählt die 49-Jährige. Heißt: Sie renovierte und eröffnete Hotels, blieb meist nur solange, bis das Haus in der Spur war. So erarbeitete sie sich einen Titel als erfolgreicher Sanierer, als jemand, der Hotels umkrempelt und dafür sorgt, dass sofort wieder Gewinne sprudeln.

Diese Erfolgsspur setzt allerdings voraus, dass man schnell unterwegs ist, keine Pausen macht und ständig auf 180 ist. Zweimal zog die Düsseldorferin die Reißleine. "Kein Job der Welt ist es wert, dass ich krank werde." In Erding war die Situation anders: Plötzlich war Zeit da, gründlich zu planen. Der Investor, dem auch die Therme gehört, baute in Erding sein erstes Hotel. Die Maxime war, lieber alles doppelt zu checken, als einmal einen Fehler zu machen.

Die Mitarbeiter durften vor der Eröffnung zum Beispiel unterschiedliche Matratzen testen und ihre Einschätzung abgeben. Herausgekommen ist ein Hotel auf luxuriösem Niveau, bis ins kleinste Detail durchdacht. Das Haus macht auf große Geschichte, symbolisiert nicht nur namentlich die HMS Victory von Admiral Lord Nelson, der mit der Sieg von Trafalgar Weltruhm erlangte. Ein Gemälde von der berühmtesten Seeschlacht des 19. Jahrhunderts hängt auch in der Lobby.

Es gibt keine Zimmer, sondern Kabinen mit weißem Yacht-Boden, poliertem Marmor und Palisanderholz. Im Bad findet der Gast Waschbecken in Schiffchenform, Kinder schlafen in Mini-Booten, die an der Wand hängen. Lampen aus Muranoglas verleihen dem Zimmerkomplex im venezianischen Stil, der eine Art Hafen für die Victory ist, das besondere Ambiente. Die Kabinen sind sehr wandlungsreich, lassen sich von der Familienvariante ruckzuck in eine Business-Area umfunktionieren. Denn das Hotel zielt auch auf Firmenkunden und Crew-Mitglieder - schließlich ist der Flughafen München gleich um die Ecke. Hauptgäste sind aber Familien und Paare, die sich durch die Saunen schwitzen, in Warmwasserbecken aalen oder durch die Schwimmbecken paddeln. Victory-Gäste blicken durch die Fenster direkt auf das Wellenbad und Dutzende Palmen, denn die Hotelfassade ist in das Thermen-Ambiente integriert. Man verlässt die Kabine und steht Sekunden später inmitten des Urlaubsparadieses mit tropischem Klima.

Dort geht Kirsten Schneider Kohnke allerdings nicht hin, um sich zu entspannen. "Wir können nicht morgens Gäste einchecken und nachmittags neben ihnen im Wellenbad liegen." Viel Freizeit hat sie auch in ihrem jetzigen Job nicht, die ersten zwei Jahre inklusive der Planungsphase sind vergangen, ohne dass sie sich einen Urlaub gönnte. In Erding macht sie auch mal am frühen Nachmittag Schluss. Das wäre früher undenkbar gewesen. Eine harte Phase erlebte sie vor zehn Jahren, als sie für 13 Hotels gleichzeitig zuständig war, darunter das damalige Mercure-Hotel Düsseldorf/Erkrath in ihrer Heimatstadt.

Auch aus ihrem Privatleben hat sie Tempo rausgenommen: Ihre 40 000 Euro teure Harley-Davidson steht zum Verkauf. Die Mechaniker-Fähigkeiten verdankt sie ihrem Vater, der in Erkrath eine Tankstelle hatte. "Die Leute haben bei uns ans Fenster geklopft, wenn sie spätabends noch Benzin wollten. Da habe ich gelernt, was Dienstleistung heißt."

(RP)
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