Streik der Piloten Das gab es noch nie: 3800 Lufthansa-Flüge fallen aus

Frankfurt/Hamburg · Die Lufthansa zieht die Konsequenzen aus den geplanten Streiks der Piloten und streicht von Mittwoch bis Samstag 3800 Flüge. Das teilte die Fluggesellschaft am Montag in Frankfurt am Main mit. Mehr als 425.000 Fluggäste sind hiervon betroffen. Es handelt sich um den größten Ausstand in der Geschichte der Lufthansa.

Was Passagiere zum Pilotenstreik wissen sollten
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Wegen der Streikdrohung ihrer Piloten hatte die Lufthansa zunächst angekündigt, rund 200 Flüge zu streichen. Am Montag erhöhte die Fluggesellschaft die Zahl auf 3800 Flüge. Der Betrieb der Lufthansa wird damit von Mittwoch bis Freitag quasi stillgelegt. Der Pilotenstreik bei der Lufthansa zeigt schon am Dienstag Wirkung: Laut einer Streichliste auf der Lufthansa-Internet-Seite fallen bereits rund 40 Flüge aus. Meist handelt es sich um Fernverbindungen, die am Mittwochmorgen in Frankfurt oder München landen sollten. Diese Maschinen würden Passagiere auf einen bestreikten Umsteigeflughafen bringen, von dem sie nicht weiterkommen, erklärte ein Lufthansa-Sprecher. Von daher verzichte man auf diese Flüge und lasse die Maschinen lieber bis Freitag stehen, um dann mit den Landungen am Samstag möglichst schnell wieder in den Normalbetrieb zu kommen.

Während des Streiks könnten nur knapp 500 Flüge der Lufthansa und der Tochter Germanwings verkehren, teilte die Fluggesellschaft mit. Piloten der Unternehmenstöchter Eurowings, Lufthansa CityLine und Air Dolomiti, die sich nicht an dem Streik beteiligen, sollen die verbleibenden innerdeutschen und europäischen Flüge übernehmen. Auch die Frachttochter Lufthansa Cargo ist betroffen; für sie seien schon 23 der 31 geplanten Flüge von Frankfurt am Main aus annulliert.

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Personalvorstand Bettina Volkens erklärte am Montag, sie bedaure "zutiefst", dass die Vereinigung Cockpit nicht bereit sei, ohne Arbeitskampf und auf dem Verhandlungswege zu einer Lösung zu kommen. Die Lufthansa habe für eine verbesserte Vergütung und auch für eine künftige Regelung zum vorzeitigen Ausscheiden aus dem Flugdienst "gute Angebote" gemacht. Die Piloten wollen mit dem Ausstand vor allem verhindern, dass sich ihre Versorgung beim Übergang in die Rente verschlechtert.

Das können Passagiere tun

Betroffene Passagiere, die ihre Kontaktdaten bei der Lufthansa hinterlassen haben, werden direkt per SMS oder E-Mail informiert. Informationen gibt es im Internet unter lh.com und germanwings.com. Lufthansa bucht den Angaben zufolge betroffene Kunden auf andere Fluggesellschaften um; bei innerdeutschen Flügen können Passagiere ihr Ticket gegen eine Fahrkarte der Deutschen Bahn umtauschen. Die Lufthansa-Töchter Swiss, Austrian, Eurowings, CityLine und Air Dolomiti sowie Brussels Airline sollen auf den Strecken nach Deutschland nach Möglichkeit größere Flugzeuge einsetzen, um so möglichst viele umgebuchte Lufthansa-Passagiere an ihre Ziele zu bringen.

Auf den Flughäfen in Frankfurt am Main und München werden sich zusätzliche Mitarbeiter um die Passagiere kümmern, kündigte die Lufthansa an. Wartende Passagiere würden "so gut wie nur irgendwie möglich" versorgt. Sie haben Anspruch auf Snacks und Getränke.

Personalchefin Bettina Volkens erklärte, sie bedaure "zutiefst", dass die Vereinigung Cockpit nicht bereit sei, ohne Arbeitskampf und auf dem Verhandlungswege zu einer Lösung zu kommen. Die Lufthansa habe für eine verbesserte Vergütung und auch für eine künftige Regelung zum vorzeitigen Ausscheiden aus dem Flugdienst "gute Angebote" gemacht.

Streik kostet Lufthansa Millionen

Ein dreitägiger Streik kostet die Lufthansa nach eigenen Angaben eine Summe im zweistelligen Millionenbereich. Bereits durch die Ankündigung des Ausstands am Freitag sei großer Schaden entstanden, weil Passagiere bereits umbuchten und Kunden auf andere Frachtairlines umdisponiert wurden.

Personalchefin Volkens hatte noch am Wochenende für einen Kompromiss geworben, die Einschnitte für die Piloten aber gleichzeitig verteidigt. Diese seien nötig, "weil uns die Kosten für diese Regelung sonst aus dem Ruder laufen", sagte sie dem "Spiegel". Es sei jüngeren Lufthansa-Copiloten, die erst 2050 aus dem Unternehmen ausscheiden würden, zuzumuten, einen Eigenbeitrag für ihre Altersvorsorge zu zahlen.

Der Flughafenverband ADV appellierte an die Gewerkschaft und die Lufthansa, am Verhandlungstisch nach einer Lösung zu suchen. Der angekündigte Streik "sprengt alle Dimensionen - vom Zeitpunkt zu Beginn der Osterferien in einigen Bundesländern bis zum Umfang von mehreren Tagen", kritisierte ADV-Präsident Ralph Beisel. Es sei "völlig inakzeptabel", wenn Gewerkschaften die Flughäfen als öffentlichkeitswirksame Schaubühne ausnutzten. Die Vereinigung Cockpit schade dem Luftverkehrsstandort Deutschland.

Streiks der Lufthansa sind selten

Bei der Lufthansa hat die Vereinigung Cockpit (VC) bislang eher selten gestreikt. Gleich beim ersten Konflikt kam es im Mai 2001 zu einem Arbeitskampf, bei dem an vier verschiedenen Tagen die Arbeit niedergelegt wurde, davon zwei Mal einen kompletten Tag lang. Am Ende stand der erste Tarifvertrag für die VC und ein Einkommensplus von an die 30 Prozent für die Kapitäne und Co-Piloten.

Seitdem haben die Piloten bei der Lufthansa-Mutter genau einen weiteren Tag gestreikt, am 22. Februar 2010. Der damals auf vier Tage ausgerufene Ausstand wurde jedoch schon nach einem Tag abgebrochen, als sich beide Seiten vor dem Arbeitsgericht Frankfurt auf neue Verhandlungen einigten. Das Arbeitsgericht hatte einige Forderung der VC als nicht zulässig eingeschätzt.

Bei kleineren Airlines und Lufthansa-Töchtern hat die VC ebenfalls meist eintägige Streiks organisiert. Bei der Lufthansa-Mutter seien "fast alle" Piloten und Co-Piloten VC-Mitglieder, heißt es. Probleme gab es zuletzt bei den Piloten der Lufthansa Cityline, die mit dem Kurs der VC hin zu größeren Maschinen nicht einverstanden waren.

(dpa)
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