Analyse Berufsschule als Spielball der Politik

Düsseldorf · Nach zehn Jahren Debatte ist offener denn je, wo das größte Berufskolleg der Stadt mit mehr als 4000 Schülern neu gebaut wird. Wechselnde Standort-Vorschläge verwirren Lehrer und Schüler. Dabei drängt die Zeit. Der rund 100 Jahre alte Bau ist marode.

 In die Jahre gekommen: Das Albrecht-Dürer-Kolleg am Fürstenwall soll durch einen Neubau ersetzt werden. Die Frage ist bloß: Wann?

In die Jahre gekommen: Das Albrecht-Dürer-Kolleg am Fürstenwall soll durch einen Neubau ersetzt werden. Die Frage ist bloß: Wann?

Foto: Susi Engelmann

Der Neubau des Albrecht-Dürer-Kollegs wird sich weiter verzögern. Zum einen lässt Oberbürgermeister Thomas Geisel noch einmal prüfen, ob das zuletzt verworfene Gelände auf der Thyssen-Krupp-Brache in Benrath nicht doch als Standort in Frage kommt. "Er hat Sympathien für diesen Standort", sagt sein Sprecher Dieter Schneider-Bichel. Damit geht der neue Rathauschef zur Ansage seines Vorgängers, das Kolleg an der Völklinger Straße nahe der Handwerkskammer zu errichten, auf Distanz. Zum anderen soll die künftige Schulbau-Firma zunächst einmal Erfahrungen sammeln, bevor sie sich möglicherweise an einem 70 Millionen-Euro-Projekt verhebt. "Ich halte das für klug, auch wenn sich der Baubeginn erneut verschiebt", sagt der Vorsitzende des Schulausschusses Wolfgang Scheffler (Grüne).

Die wichtigsten Punkte der Debatte im Überblick:

Ausgangslage Teile des Kollegs am Fürstenwall sind rund 100 Jahre alt. Immer wieder werden Teile der Fassade eingerüstet, weil sich Steine lösen und auf die Straße fallen können. Fachräume verfügen über eine veraltete Ausstattung. Zudem werden Schüler aus Platzmangel in Dependancen in Heerdt und Unterbilk unterrichtet. Dabei ist das Kolleg einer der wichtigsten Berufsschulen der Stadt. Ausgebildet werden unter anderem Bauzeichner, Betonbauer, Schornsteinfeger, Mediengestalter, Augenoptiker, Zahntechniker, Köche, Hotelfachleute und Maler.

Standort-Kapriolen Zu Beginn der Neubaupläne vor etwa einem Jahrzehnt galt die Völklinger Straße als Favorit, auch wegen möglicher Synergien mit der Handwerkskammer. Doch dann rückte die damalige schwarz-gelbe Mehrheit davon ab. Plötzlich schien das ehemalige Thyssen-Krupp-Gelände an der Paulsmühlenstraße in Benrath interessanter. Doch als ein Bodengutachten mögliche Altlasten auflistete, war diese Option vom Tisch. Bei seiner Nominierung zum Spitzenkandidaten brachte Dirk Elbers 2013 den bis dahin nicht genannten IHZ-Park in Oberbilk ins Spiel. Eine Eintagsfliege. Bereits im Oktober desselben Jahres schwenkte der Christdemokrat bei der Münchener Immobilienmesse um und nannte erneut die Völklinger Straße. Und jetzt die nochmalige Rolle rückwärts: Geisel will die Altlasten in Benrath neu bewerten lassen. Das frühere Gutachten ist ihm offenbar zu ungenau. "Falls machbar, hält er den Standort für sehr geeignet", meint Schneider-Bichel.

Die Argumente Aus Sicht von Schneider-Bichel und Scheffler stärken bis zu 6000 zusätzliche Schüler (und Pendler) die Chancen auf einen Haltepunkt des Schnellzuges RRX in Benrath. Dagegen seien die Synergien mit der Handwerkskammer nicht so deutlich. Außerdem sei die Anbindung der Völklinger Straße an den Hauptbahnhof mäßig. Dagegen spricht die Bundestagsabgeordnete und frühere Schulexpertin Sylvia Pantel von einen unzumutbaren Umgang mit Lehrern und Schülern.

Die Zeitschiene Ellen Ahn, Vize-Leiterin des Kollegs, hatte vor drei Jahren noch gehofft, "von 2016 an in einem Neubau unterrichten zu können". Auch Elbers gab sich 2013 optimistisch: Das neue Kolleg könne 2017 fertig sein. "2018 wäre mir zu spät", sagte er. Und jetzt? Schneider-Bichel ist vorsichtig. Eine Vorlage soll bald in den Rat kommen. "Baugebinn könnte dann 2017 sein."

Der Appell Schülersprecher Matteo Loppo sagt: "Wir werden es wohl selbst nicht mehr erleben, aber der Neubau muss rasch kommen. Es liegt einfach zu vieles im Argen."

(RP)
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