Düsseldorf Nigerianer (27) gab sich als 16-Jähriger aus

Düsseldorf · Mit der mehr als drei Jahre zurückliegenden Einreise eines Asylbewerbers aus Nigeria muss sich jetzt das Amtsgericht befassen: Am 24. Januar 2012 war laut Anlage Ismail Y. mit einem Schengen-Visum über Frankreich am Hauptbahnhof Düsseldorf angekommen.

Dort habe ihm jemand erzählt, dass minderjährige Flüchtlinge, die ohne Familie unterwegs seien, nicht abgeschoben würden. Y., der damals 27 Jahre alt war, ging also zum Liddy-Dörr-Haus und gab sein Geburtsdatum mit dem 7. Februar 1996 an - er wäre demnach also zwei Wochen zuvor gerade erst 16 geworden.

Keiner weiß so recht, wie das passieren konnte, weder Stadt noch Diakonie. Fest steht aber anscheinend, dass Ismail Y. ein Einzelfall ist. Betrugsfälle unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge seien ihm nicht bekannt, sagt Jugendamtsleiter Johannes Horn.

Im Liddy-Dörr-Haus betreut die Kaiserswerther Diakonie seit 2011 jugendliche Flüchtlinge in einem Modellprojekt: Sie werden für einige Wochen aufgenommen, pädagogisch betreut und einem Clearing-Verfahren unterzogen, an dessen Ende in Abstimmung mit dem Jugendamt entschieden wird, was für den Jugendlichen der beste Weg in Deutschland sein wird. Viele sind traumatisiert, sagt eine Sprecherin der Kaiserswerther Diakonie, brauchen besondere Betreuung. Im Verfahren gehe es aber auch um praktische Dinge wie die Feststellung des Bildungsstands und die Möglichkeit von Schulbesuch oder Ausbildung.

Im Fall von Ismael Y. hatte die Empfehlung laut Anklage offenbar gelautet, dass er stationär in einer Jugendeinrichtung aufgenommen und sowohl pädagogisch als auch psychologisch betreut werden sollte. Die Kosten dafür übernahm wie in all diesen Fällen das Jugendamt, das auch die Vormundschaft hat.

Laut Anklage waren Kosten von rund 86.000 Euro für die Jugendhilfe zusammengekommen, als der Mann, der inzwischen 28 Jahre alt und Vater geworden war, sich im Oktober 2013 zur Anerkennung seiner Vaterschaft mit seinem echten Reisepass auswies. So flog der Jugendhilfe-Schwindel auf - blieb aber zunächst folgenlos. Im Mai 2015 beantragte Y., der geduldet in Düsseldorf lebt und 2014 erneut Vater geworden war, eine Aufenthaltserlaubnis. Möglicherweise fiel deshalb die drei Jahre zurückliegende falsche Angabe auf. Jedenfalls erfolgte nun eine Strafanzeige, im Mai vernahm die Polizei den heute 31-Jährigen, im Juli erhob die Staatsanwaltschaft Anklage wegen "Verstoßes gegen das Aufenthaltsrecht".

Ob die Stadt auch Schadenersatzansprüche gegen Y. geltend machen wird, der als Beruf "Geschäftsmann" angibt, ist offen. Zum laufenden Verfahren will man sich nicht äußern.

Die Praxis, jugendliche Flüchtlinge anzuerkennen, ist inzwischen geändert. Seit einem Dreivierteljahr, sagt Jugendamtsleiter Horn, führten zwei bis drei Fachleute Gespräche mit dem Betroffenen, früher war es nur ein einzelner Mitarbeiter. In der Regel seien die unbegleitet ankommenden Jugendlichen zudem zunächst auch im Kinderhilfezentrum untergebracht und dort ebenfalls im Blick fachkundiger Mitarbeiter. "Die erkennen schon, ob sie es wirklich mit Jugendlichen zu tun haben", sagt Horn, der für nahezu ausgeschlossen hält, dass bei diesem Prinzip jemand mit falschen Angaben durchkäme.

Das Amtsgericht will den Fall morgen Vormittag in einer knappen Stunde klären.

(RP)
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