Ein Jahr nach Fukushima Japaner gedenken der Erdbebenopfer

Düsseldorf · Die Betroffenheit in der japanischen Gemeinde ist auch ein Jahr nach der Naturkatastrophe groß. Die Bilder der Zerstörung seien weiter präsent, sagen Japaner. Die Welle der Hilfsbereitschaft hat Auswirkungen auf die Beziehungen zwischen Deutschen und Japanern. Ein Stimmungsbild.

 Yasuo Inadome ist Sprecher des Japanischen Clubs Düsseldorf. Er ist überzeugt, dass Deutschland und Japan durch die Katastrophe enger zusammengerückt sind: „Deutschland ist der beste Freund Japans.“

Yasuo Inadome ist Sprecher des Japanischen Clubs Düsseldorf. Er ist überzeugt, dass Deutschland und Japan durch die Katastrophe enger zusammengerückt sind: „Deutschland ist der beste Freund Japans.“

Foto: Bußkamp, Thomas

Ein Jahr ist seit der Erdbebenkatastrophe in Japan vergangen, doch an der Immermannstraße ist sie noch sehr präsent. Im Zentrum des japanischen Lebens in Düsseldorf kleben an den Schaufenstern vieler Geschäfte Plakate für Benefizkonzerte. Ein Restaurant wirbt damit, einen Teil der Einnahmen zugunsten von Erdbebenopfern zu spenden. "In der japanischen Gemeinde wird nicht mehr so viel über die Katastrophe gesprochen. Aber ich bin sicher, dass niemand sie vergessen hat", sagt Yasuo Inadome, Sprecher des Japanischen Clubs Düsseldorf.

 Takao Aoyama ist Direktor des Eko-Hauses: „Japaner kehren ihre Betroffenheit nicht so sehr nach außen.“

Takao Aoyama ist Direktor des Eko-Hauses: „Japaner kehren ihre Betroffenheit nicht so sehr nach außen.“

Foto: Bußkamp, Thomas

Mit Grauen erinnert sich Inadome an den 11. März — den Tag, als ein Seebeben mit der Stärke von 9,0 auf der Richterskala den Nordosten Japans erschütterte und ein Tsunami weite Teile der Küstenregion verwüstete und das Atomkraftwerk von Fukushima stark beschädigte. Durch den Anruf eines Reporters des ZDF habe er von der Katastrophe erfahren, sagt Inadome.

An der Immermannstraße weisen Plakate auf Benefizkonzerte am Wochenende hin.

An der Immermannstraße weisen Plakate auf Benefizkonzerte am Wochenende hin.

Foto: Bußkamp, Thomas

Sofort habe er alle seine Termine abgesagt und habe versucht, Bekannte in Japan zu erreichen. Doch die Leitungen waren tot. Selbst in das rund 1000 Kilometer vom Unglückszentrum entfernte Fukuoka drang kein Anruf vor. So wie Inadome weiß nahezu jeder, der mit dem Land verbunden ist, noch genau, was er an diesem Tag getan hat.

Von der Flutwelle erfasst

Das gilt besonders für den Düsseldorfer Jürgen Spielberg. Er war mit seiner Frau und seiner Tochter in einem Taxi nahe der japanischen Stadt Sendai unterwegs, als der Tsunami das Fahrzeug erfasste. Von Einheimischen wurden sie aus der Flutwelle gerettet. Über Zwischenstationen in einem Auffanglager konnte die Familie nach einigen Tagen das Land verlassen.

Imponiert habe Spielberg die disziplinierte Art, wie die Japaner mit dem Unglück umgegangen sind. "Mich hat der Zusammenhalt der Menschen in dieser Situation sehr beeindruckt. Das sollte man positiv sehen." Bei der Gedenkveranstaltung am Sonntag im Eko-Haus berichtet Spielberg von seinen Erfahrungen (siehe Artikel rechts).

Im japanischen Bekanntenkreis werde das Thema eher gemieden, sagt Spielberg. "Aber es ist spürbar, dass die Japaner in Düsseldorf wie auch in Fernost nachdenklicher geworden sind. Sie blicken nach der Katastrophe anders auf die Themen Technik und Atomkraft", sagt der 73-Jährige. Auch Takao Aoyama, Direktor des Eko-Hauses, bestätigt, dass seine Landsleute ihre Betroffenheit kaum nach außen kehren.

"Doch auch die Japaner in Düsseldorf waren über das Ereignis vor einem Jahr sehr erschüttert", sagt er. Nachdem die Katastrophe über Japan hereingebrochen war, entwickelte sich das japanische Kulturzentrum in Oberkassel zu einem zentralen Ort für das Gedenken an die Opfer des Bebens. Deutsche und Japaner kamen dort zusammen, Besucher trugen sich in einem Kondolenzbuch ein.

Die Katastrophe hat das Verhältnis zwischen Deutschen und Japanern nachhaltig geprägt. Vizekonsul Tsuyoshi Kawahara erinnert sich, wie im Japanischen Generalkonsulat nach der Katastrophe das Telefon tagelang nicht stillstand. "Neben zahlreiche Beileidsbekundungen gingen viele Spenden- und Hilfsangebote per Telefon und E-Mail ein." Mehr als ein Jahr nach den Geschehnissen werde das eingerichtete Spendenkonto nach dem 26. März geschlossen.

Mehr als 110 000 Euro an Hilfsgeldern haben die Düsseldorfer überwiesen. Die Anteilnahme der Deutschen beeindruckte auch Yasuo Inadome: "Neben der großen Trauer empfinde ich aufrichtige Dankbarkeit für all die Hilfe und den Zuspruch, den wir erhalten haben." Die Reaktionen haben ihn in der Ansicht bestärkt, dass "Deutschland der beste Freund Japans ist".

(RP/anch/jco)
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