Stockum Mehr als schmückendes Beiwerk

Stockum · Das Schützenfest ist längst keine reine Männerveranstaltung mehr, Frauen nehmen eine immer wichtigere Rolle ein. Das ist bei den Sebastianern in Stockum nicht anders. Neben der klassischen Robe wird auch Uniform getragen.

 Frauen-Power beim Schützenfest in Stockum: (v. l.) Natascha Kamm, Daniela Richter, Emily Bulawa und Ulrike Wagner verkörpern drei Generationen des St. Sebastianus-Schützenvereins.

Frauen-Power beim Schützenfest in Stockum: (v. l.) Natascha Kamm, Daniela Richter, Emily Bulawa und Ulrike Wagner verkörpern drei Generationen des St. Sebastianus-Schützenvereins.

Foto: Bernd Schaller

Manchmal kommt Schützenfest irgendwie ungelegen. Etwa, wenn man als Fortuna-Fan zu Lumpis Abschiedsspiel spät dran ist und einem im Taxi auf der Kaiserswerther Straße plötzlich fröhlich musizierend der Umzug entgegenkommt. Da hilft dann alles Fluchen nichts, stattdessen ist Warten angesagt.

Diese sonntägliche Anekdote am Rande dokumentiert: Die Schützen in Stockum hatten es angesichts der Konkurrenz von Jazz Rally, Fortuna oder auch dem CSD am Wochenende schwer, sich mit ihrem Volksfest zu behaupten. Dass dies dennoch einmal mehr gelang, ist nicht zuletzt den vielen Frauen im Düsseldorfer Norden zu verdanken, die Brauchtum zusehends attraktiv finden und aus der traditionellen Rolle des schmückenden Beiwerks ausbrechen.

Kronprinzessin Daniela Reuter ist so eine Schützin, die an der Seite von Prinz André Fricke die vielen Einladungen das ganze Jahr über sowie die Paraden, Bälle und Tanzabende an diesem Wochenende in entsprechend glanzvollen Roben zu genießen wusste, die im Schützenalltag aber Ballkleid selbstbewusst gegen die Uniform der 1. Grenadiere eintauscht und im St. Sebastianus-Verein in Stockum selbstverständlich auch auf den Königsvogel schießen dürfte, wenn sie es denn will.

"Wir sind hier ein kleiner Verein mit weniger als 100 Mitgliedern. Die Atmosphäre ist familiär und warmherzig, man fühlt sich als Frau von allen akzeptiert. Zwar gibt es auch bei uns noch Gesellschaften, in der Männer unter sich sind. Aber die Zeiten, in denen wir uns im Hintergrund zu halten hatten und nur nett aussehen sollten, sind vorbei", betont die 27-Jährige von den 1. Grenadieren.

Für Schützenkönigin Ulrike Wagner war es am Sonntag in der Tat die erste Parade seit einer gefühlten Ewigkeit, in der sie "live und in Farbe" zusammen mit ihrem Mann, Schützenkönig Wolfgang Wagner, aktiv mitwirken durfte. Das hat aber rein praktische Gründe, wie die 46-Jährige erklärt: "Ich habe bisher jedes Jahr gearbeitet, bei Vorbereitungen, zum Beispiel für das Essen, geholfen, das muss ja auch jemand machen. Die Fahrt in der Königskutsche habe ich mir dieses Mal also wirklich verdient."

Jungschützin Natascha Kamm ist Ulrike Wagners Nichte und sagt: "Ich hier bin in den Schützenverein quasi hineingeboren worden, habe mich aber auch nicht dagegen gesträubt. Im Gegenteil: Das macht mir alles riesigen Spaß. Ich bin mit meinem Partner, Jungschütze Dennis Beurer, überall präsent, wir werden hofiert, ich möchte es nicht missen." Seit sechs Jahren läuft die 18-Jährige bei Paraden mit und war auch davor meist mitten drin. "Da hat man mich aber noch im Bollerwagen hinterhergezogen." Dass sie vor und während des Schützenfestes viele verschiedene Kleider tragen darf, findet das Mitglied der Hubertus-Jägerschaft "einfach sensationell". Ihr Tipp: "Die Kleider unbedingt außerhalb der Saison kaufen, zum Beispiel auf keinen Fall, wenn Abi-Bälle anstehen. Dann sind sie viel zu teuer."

Und es gibt in Stockum noch eine weitere Generation, die feminine Schützen-Power verkörpert: Emily Bulawa ist die Pagenkönigin. Was sie dafür qualifiziert hat? "Ich hab' nicht viel gemacht. Mein Bruder Noah hat sich beim Luftballonschießen durchgesetzt - und mich als seine Königin ausgesucht", erzählt die Siebenjährige stolz.

Auch im Marine-Corps zählen Frauen zu den Mitgliedern. Das ist aber nicht der Grund dafür, dass die Gesellschaft in diesem Jahr einen besonderen Grund zu feiern hat. Vielmehr wird das Corps, das bereits neun Regimentskönige stellte, 50 Jahre alt. Schiff ahoi! Geehrt wurde zudem Wolfgang Lindemann. Der langjährige Kassierer ist seit 25 Jahren Mitglied des Regiments.

(RP)
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