Gerd Mölders Die Zeit ist abgelaufen

Kleve · Gerd Mölders lief sehr gut. Aber vor allem sehr lange und dabei schnell. Vor knapp 50 Jahren schaffte der in Keppeln geborene Mölders etwas, was unter den Sportlern als das Größte bezeichnet wird. Er startete 1968 bei den Olympischen Spielen in Mexiko-Stadt. Doch sind für ihn die Zeiten, in denen es allein um Schnelligkeit ging, abgelaufen.

Gerd Mölders trainiert noch heute die Athleten des LV Marathon Kleve. Es ist der Verein, den er 1985 zusammen mit seinem Freund, dem Pfarrer Hansi Runzheimer, gegründet hatte. Runzheimer ist vor einigen Jahren verstorben. Wenn Mölders über ihn erzählt, sagt er direkt hinter dem Namen: "Der ist eine 2:38 gelaufen." Gemeint ist damit die Bestzeit seines Freundes über die Marathon-Distanz. Zeiten waren ihm wichtig. Jetzt ist Mölders 75 Jahre alt. Das, worauf er einst als Aktiver oder Trainer Wert legte, hat sich verändert - teilweise notgedrungen.

Sie sind noch als 60-Jähriger mit Zottelmähne und Herzschrittmacher ausgestattet auf Tempo gelaufen. War das zu lange?

Gerd Mölders Ich habe bis vor drei Jahren noch viermal in der Woche ordentlich Kilometer abgespult. Aber irgendwann geht es nicht mehr. Jetzt ist es mein Ziel, Anfänger und fortgeschrittene Läufer weiter zu verbessern.

Die Situation in der Leichtathletik hat sich grundlegend verändert. In den technischen Disziplinen startet kaum einer mehr. Die Felder bei Laufveranstaltungen sind hingegen randvoll.

Mölders Das sind die Jogger, die früher beim Trimm Trab ins Grüne unterwegs waren. Es ist zweifellos lobenswert, dass sich so viele Leute durch Laufen fit halten. Davon gibt es heute wesentlich mehr als früher. Aber die Leichtathleten, die versuchen Rekorde zu verbessern oder Qualifikationen zu laufen, werden immer weniger.

Warum?

Mölders Es hat kaum einer mehr Lust, sich gelegentlich auch mal zu quälen. Und das muss jeder, der oben mitmischen will. Mit 45 Jahren bin ich zur Vorbereitung auf einen Marathon noch 270 Kilometer in der Woche gelaufen. Nur so schaffst du eine Zeit wie 2:24 Stunden. Doch würde ich heute dieses Pensum keinem mehr empfehlen. Der Trainingsaufwand für solche Zeiten ist enorm. Nicht jeder ist bereit, derart viel zu investieren.

Ist allein die Einstellung der Athleten der Grund dafür, dass es kaum noch Spitzenleute im Kreis gibt?

Mölders Bei einem Blick auf die Bestenliste ist zu sehen, dass ich 1986 den Kreisrekord im Marathon gelaufen bin. Als wenn in über 30 Jahren keiner im Kreis geboren wurde, der schneller laufen kann als ich im Alter von 44 Jahren - das gibt es nicht. Die Talente sind da. Gelegentlich sieht man welche, die aber häufig im frühen Alter verheizt werden. In jungen Jahren ganz weit vorne mitzulaufen, ist nicht schwer. Ein weiterer Grund neben dem fehlenden Willen kann auch sein, dass es zu wenig qualifizierte Trainer gibt.

Ist es schwer, wenn man ein Leben lang auf Bestzeiten geschaut hat, jetzt mit allenfalls ambitionierten Athleten zu trainieren?

Mölders Nein. Zunächst gibt es noch den ein oder anderen Spitzenläufer, doch habe ich mir andere Ziele gesetzt. So freut es mich etwa, wenn einer nach regelmäßigem Training die fünf Kilometer unter 30 Minuten läuft. Ich will auch die Jogger schneller machen. Daran habe ich jetzt Spaß. Wir haben beim LV eine tolle Truppe und trainieren viermal die Woche. Auch hier geht es darum, sich zu steigern. Wer regelmäßig läuft, der wird auch besser. Man muss jedoch Zeit investieren.

Wie sieht die Zukunft der Leichtathletik aus?

Mölders Der Weg der vergangenen Jahre setzt sich fort. Die Zahl der Freizeitläufer wird weiter leicht steigen. Die Bahn-Leichtathletik hingen bleibt rückläufig. Und hier liegt es in erster Linie an den fehlenden, gut ausgebildeten Trainern. Wenn man sich anschaut, wie viele Kinder in jungen Jahren Spaß an dieser Sportart haben, so müssten rein rechnerisch wesentlich mehr in den älteren Schüler- und Jugendklassen ankommen.

PETER JANSSEN

(RP)
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