Leverkusen Nordische Schubertiade auf dem Tanzboden

Leverkusen · Drei skandinavische Choreografen schufen zu Klaviermusik von Schubert einen facettenreichen Tanzabend bei Bayer.

 Mit, vor, hinter, unter, neben und auf Pianos agieren die Tänzer zu den Choreografien der drei Skandinavier. Der Tanzabend heißt passenderweise "piano, piano".

Mit, vor, hinter, unter, neben und auf Pianos agieren die Tänzer zu den Choreografien der drei Skandinavier. Der Tanzabend heißt passenderweise "piano, piano".

Foto: Petra Hellberg/Kulturhuset Stadsteatern

Daran, dass sich ein Programm aus den Stücken dreier recht unterschiedlich arbeitender Choreographen zusammensetzt, ist nichts Ungewöhnliches. Schließlich belebt die Vielfalt einen Tanzabend. Dass sich diese drei Kreativen zusammentun und gemeinsam Idee, Choreographie und Bühnenbild entwickeln, um ein facettenreiches aber in sich geschlossenes Werk zu kreieren, aber schon.

Genau das haben der Schwede Örjan Andersson, der Finne Keneth Kvarnström und Ina Christel Johannessen aus Norwegen getan. Entstanden ist dieses Länderübergreifende Projekt aus der Idee, eine Fernsehdokumentation über die unterschiedlichen Formen des Probens zu drehen. Daraus erwuchs ein abendfüllendes Werk, das changiert zwischen Werkstattatmosphäre, sportlichen Körperübungen und äußerst sinnlicher Bühnenpräsenz, die unterschiedliche Choreographie-Sprachen nicht nivelliert, sondern nebeneinander setzt - oder miteinander verschmelzen lässt.

In dieser Woche war der Tanzabend "piano piano" bei Bayer Kultur als zweitem Ort in Deutschland zu Gast und wäre doch beinahe ausgefallen. Bei der ersten Station in Fulda hatte sich eine Tänzerin am Sonntag so verletzt, dass sie nach Hause reisen musste. Man entschied sich für eine leicht veränderte Fassung mit dem verbliebenen sechsköpfigen Ensemble. So erlebte Leverkusen jedenfalls in den letzten zehn Minuten der ungewöhnlichen skandinavischen Produktion eine Art Uraufführung. Bei "piano piano" dreht und bewegt sich alles um Klaviermusik von Franz Schubert, die von Asuka Nakamura live gespielt wurde. Ein Verweis auf die alte Tradition in Ballettstudios, wo mit einem Korrepetitor geprobt wurde. Instrumente hatte die Musikerin, die größtenteils den klaren, vollen Ton des Steinways bevorzugte, auf der Erholungshaus-Bühne genügend zur Auswahl.

Die glich nämlich der Lagerstätte einer Pianowerkstatt, in der die Objekte mitunter auch hin- und hergeschoben wurden - von den Tänzern, die vor, zwischen, hinter, auf und auch mit den Klavieren agierten. Mitunter sogar selbst in die Tastatur oder direkt in die gespannten Saiten der offenen Rahmen griffen. Obwohl sie dabei durchaus unterschiedlichen Auffassungen von Tanz und Bewegung folgten, empfand das Publikum das Ganze dennoch als Einheit von mehreren Lesarten. Vom einen Extrem, das vergleichsweise kantig, aber klar dem Duktus der Musik folgt, bis zur freien und emotionale Interpretation dieser nordischen Schubertiade. Von ernst bis verspielt oder mit einem Funken Humor.

Der nächste Tanz-Termin bei Bayer Kultur am 30./31. März (19.30 Uhr, Erholungshaus) bietet erneut Ungewöhnliches: Die Kamea Dance Company aus Israel tanzt zur Musik von Bachs Matthäus-Passion, die in veränderter Form als Rückblick aus dem Jahr 2727 live aufgeführt wird.

(mkl)
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