Mönchengladbach Handy-Arzt operiert am offenen Herzen

Mönchengladbach · Robert Münch hatte eine Vision: Handys reparieren, vor Ort und in kurzer Zeit. Die Idee kam ihm nach dem Abitur, als er aus dem Alltag nach Australien floh. Zurück kam er als Erfolgsmensch: Anfangs belächelt, brummt jetzt sein Geschäft.

 Die iAmbulanz soll einer Klinik ähneln. Deswegen dominiert im Inneren das klassische Weiß. Jedes Detail, jeder Schriftzug, auch die Außenfassade in der Optik eines kaputten Smartphones sind Robert Münchs Ideen.

Die iAmbulanz soll einer Klinik ähneln. Deswegen dominiert im Inneren das klassische Weiß. Jedes Detail, jeder Schriftzug, auch die Außenfassade in der Optik eines kaputten Smartphones sind Robert Münchs Ideen.

Foto: Isabella Raupold

Fällt das geliebte Smartphone auf den Boden, ist das Geschrei groß. Kostspielige Reparatur, wochenlange Bürokratie mit Mobilfunk-Anbieter und Haftpflichtversicherung, dazu der Verlust aller Daten, die auf dem Telefon gespeichert sind. "Viel zu kompliziert, alles unnötig, bei mir geht das in 30 Minuten; ohne Daten zu löschen!", sagt Robert Münch, Inhaber der "iAmbulanz" an der Lüpertzender Straße 159.

Das ist nicht gelogen. "Sieht aus wie neu!", attestiert auch Kunde D'amicis Claudio, ohne Fotos oder Kontaktnummern zu vermissen. Er ist Kunde in der iAmbulanz, und kann das Ergebnis des "Doktors" noch immer kaum glauben: Sein Tag ist gerettet. Vor einer Stunde hatte er noch um die zerborstene Glasoberfläche des Bildschirms seines Smartphones getrauert.

Genau auf solche Fälle hat sich Robert Münch spezialisiert. "Apple tauscht meist die Geräte nur komplett, das kostet 300 Euro." Bei den anderen Herstellern, wie Samsung, Sony, Nokia oder HTC, sind fürs Ersetzen des Displays schon mal um die 200 Euro und mehr fällig. "Auch da werden die Geräte eingeschickt. Das dauert Wochen", weiß Münch.

Bei ihm bleiben die Preise niedrig, obwohl er auf die Original-Ersatzteile setzt. "Keine Billig-Teile", schwört er. Und: "Ich brauche meistens nur eine halbe, manchmal eine Stunde für die Reparatur." Der Display-Schaden fürs iPhone 5 kostet beispielsweise nur 99 Euro, bei Samsung sind die Ersatzteile samt Einbau zwar teurer, aber noch immer günstiger, als das Handy einzuschicken. Dazu liefert Münch noch unangefochtenen Service. Zerschellt das Handy zuhause oder im Büro, holt Münch oder ein Mitarbeiter das Telefon ab. Oder er bringt die Ersatzteile sofort mit, und repariert vor Ort im Wohnzimmer. Alles frei Haus. Und er treibt es sogar auf die Spitze. "Wenn ich für ein iPhone das passende Teil nicht vorrätig habe, baue ich es aus meinem eigenen Gerät aus, damit der Kunde erstmal wieder glücklich ist." Das neue Ersatzteil kann mitunter am Folgetag ersetzt werden.

Der Erfolg gibt ihm recht. Wie viele Handys in der Stadt täglich kaputt gehen, ist unbekannt. Klar ist aber, dass im Monat Juli etwa 300 solcher defekten Smartphones eingeliefert wurden. Das Geschäft brummt. "Wir beheben Glasschäden, Wasserschäden, tauschen das LCD-Display oder den Kopfhörer-Eingang. Aber wir helfen auch bei Software-Fehlern. Was auch kaputt gegangen ist, wir können fast alles in kurzer Zeit reparieren", sagt der Gladbacher.

Zu Anfang 2013 öffnete er die iAmbulanz. Schon im ersten Monat erzielte Münch Umsatz in Höhe von 5000 Euro, berichtet er. Der steigerte sich bis heute um ein Vielfaches.

Sein Konzept funktioniert so gut, dass er kürzlich sogar expandierte. Er übernahm das Geschäft eines Konkurrenten in Düsseldorf (Herzogstraße 12). "Ich kann jetzt endlich auch anfangen, einmal stolz auf mich zu sein", sagt der 24-Jährige angesichts seiner Erfolgsgeschichte. Gerade begann er sogar, das Darlehen, dass er sich von seinen Eltern hat geben lassen, um das Geschäft aufzuziehen, zurückzuzahlen. Auch seine Eltern zeigen Zuspruch und erkennen, dass ihr Sohn sich wohlfühlt in der Rolle. Endlich!

Denn Robert war kein Musterknabe. Dem Wunsch, doch bitte zu studieren, kam er nicht nach. "Ich wollte nie das lernen, was mich nicht interessierte", sagt er. Schon das Abitur bewältigte er deshalb nur mit Ach und Krach - blieb zweimal sitzen. "Es war hart - das Selbstbewusstsein zerstört", erinnert er sich. "Als ich endlich den Abschluss hatte, wusste ich: Ich muss hier mal raus, einfach weg", sagt er. Nach Australien.

Ein halbes Jahr reiste und arbeitete er in einem Work & Travel-Programm auf der anderen Seite der Welt, ohne zu wissen, dass er dort auf seine künftige Geschäftsidee stoßen würde. "In einer Einkaufs-Mall habe ich zwei Chinesen gesehen, die iPhones reparierten. Und plötzlich hatte ich die Vision meines eigenen Geschäfts." Die Idee zur iAmbulanz war geboren.

Zuhause musste er bloß noch seine Eltern überreden. Kein leichtes Unterfangen: "Ich sagte: ,Mama. Papa. Ich weiß, ich habe 15 Jahre für die Schule gebraucht, jetzt habe ich ein weiteres halbes Jahr in Australien vertrödelt: Aber ich weiß, was ich will. Handys reparieren'", erinnert er sich und fügt hinzu. "Ich weiß, wie sich das für meine Eltern anhören musste. Aber es hat geklappt."

Heute steht er da: tätowierter Arm, die blonden Haare zum Pferdeschwanz gebunden, Flip Flops an den Füßen. Ein hipper Typ, mit einer hippen Idee. Er erinnert sich noch an seinen ersten Facebook-Post: "Jo, ich reparier' jetzt Handys". Müde belächelt für seine Idee, verlor er jedoch nie den Mut weiterzumachen. Selbst wenn bei den ersten Reparaturversuchen etwas schiefging. Heute führt Robert Münch eine Fachwerkstatt, leistet sich einen Firmenwagen und hält schon Ausschau nach einem weiteren fingerfertigen Techniker, der bald den dritten Standort betreut.

(RP)
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