Moers "Ich war der Richtige für Kamp-Lintfort"

Moers · Seit bekannt wurde, dass er im Sommer die Gemeinde St. Josef verlässt, schlägt Pfarrer Karl Josef Rieger eine Welle des Bedauerns entgegen. Er freut sich auf die Aufgabe als Seelsorger in einer kleinen Gemeinde in Washington.

 Karl Josef Rieger in der zum Kolumbarium umgebauten ehemaligen Kirche St. Barbara.

Karl Josef Rieger in der zum Kolumbarium umgebauten ehemaligen Kirche St. Barbara.

Foto: Dieker (archiv)

Was gibt es Schöneres, als von allen Seiten Dankbarkeit für die gemeinsame Zeit zu erleben, und Bedauern darüber, dass man weggeht? Solche Reaktionen schlagen Pfarrer Karl Josef Rieger entgegen, seit am Sonntag bekannt wurde, dass er die Gemeinde St. Josef im Sommer nach acht Jahren verlässt. Rieger, seit 2015 auch Dechant im Dekanat Moers, wird im Juli Pfarrer der Deutschsprachigen Katholischen Gemeinde in der amerikanischen Hauptstadt Washington. 380 Mitglieder hat sie - Mitarbeiter deutscher Firmen, der Botschaften Deutschlands, Österreichs und der Schweiz, des Goethe-Instituts oder auch Bundeswehr-Soldaten aus Nato-Verbänden. Die Gottesdienste finden in der Kapelle einer katholischen Schule statt. "Die Leute wollen die deutschen Kirchenlieder singen", sagt Rieger, der sich seine neue Wirkungsstätte im Dezember angeschaut hat. "Geglaubt wird in der Muttersprache."

 Wilde Landschaft: Der Potomac River in der Nähe Washingtons.

Wilde Landschaft: Der Potomac River in der Nähe Washingtons.

Foto: Rieger

Der Pfarrer freut sich darauf, sich wieder mehr der Seelsorge widmen zu können. St. Josef in Kamp-Lintfort zählt 13.500 Seelen und 15 hauptamtliche Mitarbeiter. Der Leiter eines solchen Apparats müsse viel verwalten. "Den halben Tag verbringe ich am Schreibtisch." Zwar setzt er sich in Washington kleiner, es kommen aber auch andere, neue Aufgaben auf ihn zu. Im Nebenamt wird er Religion an einer deutschen Schule unterrichten, zudem wird er Militärgeistlicher der deutschsprachigen Nato-Verbände sein. 300 Kilometer von Washington entfernt, nach amerikanischen Verhältnissen also um die Ecke, liegt die Hafenstadt Norfolk mit dem Hauptquartier der Nato-Atlantikflotte.

 Hier wird Rieger ab Juli wohnen: Das Pfarrhaus der deutschsprachigen katholischen Gemeinde Washington.

Hier wird Rieger ab Juli wohnen: Das Pfarrhaus der deutschsprachigen katholischen Gemeinde Washington.

Foto: rieger

Die Möglichkeit, sich beruflich zu verändern, tat sich für Rieger genau zum richtigen Zeitpunkt auf. Im vergangenen Jahr feierte der 57-Jährige, der aus Ahlen (Kreis Warendorf) stammt, in Kamp-Lintfort sein silbernes Priesterjubiläum. Ein Anlass, über die Zukunft nachzudenken. Soll alles so weitergehen wie bisher? Kann es das überhaupt? "Mit 57 sind die Kräfte nicht mehr so wie mit 40", sagt Rieger. "Und Kamp-Lintfort hat einen Pfarrer verdient, der mit voller Kraft arbeitet." Dass die Stelle in Washington frei wird, erfuhr Rieger vom dortigen scheidenden Pfarrer Christian Bock. "Er sollte vor vier Jahren nach Kamp-Lintfort kommen. Ich hatte schon eine Wohnung für ihn besorgt." Bock entschied sich kurzfristig für Washington statt den Niederrhein. Seither hielt Rieger Kontakt zu dem Kollegen in den USA. Das Land ("nicht dem Präsidenten") mag Rieger sehr - wegen der Herzlichkeit der Menschen, der Unbekümmertheit und Freiheit. "Niemand schert sich um den anderen." Rieger hat Verwandte und Freunde in den USA. "Seit meinem 16. Lebensjahr bin ich regelmäßig dort."

Rieger sprach mit dem Beauftragten für die deutschsprachige Seelsorge im Ausland, Weihbischof Matthias König, und mit Monsignore Pater Lang vom Katholischen Auslandssekretariat der Deutschen Bischofskonferenz. Vor allem aber galt es, Bischof Felix Genn zu überzeugen. "Er musste zuerst schlucken und hat sich dann zwei Monate Zeit gelassen, um mir mitzuteilen, dass er mich gehen lässt."

Eigentlich sollte Rieger erst 2019 nach Washington wechseln. Dass er schon im Juli dieses Jahres die Koffer packt, hat mit den Plänen Christian Bocks zu tun. "Er will in einen Orden gehen." Rieger bedauert es, nicht mehr, wie geplant, mit den Messdienern im August nach Rom und im Januar 2019 zum Weltjugendtreffen nach Panama fahren zu können. Die Messdiener-Arbeit habe er als "Chefsache" behandelt: "Mit jungen Leuten bleibt man jung." Die letzten Monate in St. Josef kann er aber auch mit einem guten Gefühl verbringen. "Ich war der Richtige für Kamp-Lintfort. Anfangs habe ich gefremdelt, aber seit fünf Jahren fühle ich mich wohl und heimisch". Kamp-Lintfort sei eine aufstrebende Stadt, die Gemeinde St. Josef sei modern und zeitgemäß aufgestellt.

Das Bistum werde seine Stelle im April ausschreiben. "Man muss ein guter Team-Player sein und auf andere Religionen zugehen können", sagt Rieger über die nötigen Qualifikationen. Die Gemeinde bringe sich zudem bei den Vorbereitungen für die Landesgartenschau ein. "Wenn man daran Spaß hat - das ist eine große Chance für einen Pfarrer."

(RP)
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