Neuss Neue Technik für Elektroautos entwickelt

Neuss · Der Automobilzulieferer Pierburg hat einen "Range Extender" entwickelt, der die Reichweite von Elektroautos erhöht. Ziel ist es, das Bauteil serienreif zu machen - die NGZ hat sich die Erfindung bei einer Probefahrt angeschaut.

 Der "Range Extender" wurde absichtlich in einem Kleinwagen verbaut, da Stadtautos bei den Käufern von Elektrofahrzeugen am beliebtesten sind. Das Bauteil erhöht die Reichweite des Wagens.

Der "Range Extender" wurde absichtlich in einem Kleinwagen verbaut, da Stadtautos bei den Käufern von Elektrofahrzeugen am beliebtesten sind. Das Bauteil erhöht die Reichweite des Wagens.

Foto: pierburg/ kspg

Auf den ersten Blick sieht der kleine weiße Fiat 500 aus wie ein ganz normales Stadtauto. Doch beim Einsteigen fällt bereits auf, dass jede Menge Technik in dem Fahrzeug steckt. Kabel winden sich unter dem Fahrersitz hindurch, vorne erläutert ein großer Monitor dem Autofahrer, welche technischen Funktionen gerade aktiviert sind. Denn das Auto ist nicht nur ein Elektroauto, sondern auch der aktuelle Vorführwagen des Neusser Automobilzulieferers Pierburg, der darin einen "Range Extender" verbaut hat, der dazu beitragen soll, die Reichweite des batteriebetriebenen Autos zu erhöhen.

"Ein normales Elektroauto wie dieses schafft etwa 70 Kilometer, mit dem ,Range Extender' werden jedoch 500 Kilometer erreicht", sagt Martin Hopp, der bei Pierburg die Abteilung "neue Antriebstechnologien" leitet. Damit ist der promovierte Ingenieur eine Art "Zukunfts-Scout" für das Unternehmen - und diese Zukunft liegt unter anderem bei Antriebstechniken abseits von Diesel und Benzin.

Seit 2010 arbeitet Pierburg an der Ergänzung des Elektroantriebs. Der kleine Fiat 500 ist mittlerweile wohl das teuerste Auto auf den Neusser Straßen: Einen hohen sechsstelligen Betrag hat das Unternehmen in die Entwicklung des "Range Extenders" gesteckt. Das Auto fährt sich zunächst wie ein normaler Elektrowagen: sehr leise und trotz Batteriebetrieb recht flott. Auf dem vorne installierten Monitor zeigt der Wagen dem Fahrer an, welche Energiequelle er gerade nutzt: Ein grüner Pfeil zeigt die Verbindung von Batterie zum Motor. Ein Knopfdruck, und der "Range Extender" wird dazugeschaltet, ein zweiter grüner Pfeil erscheint. Leichte Motorengeräusche sind zu hören, und der Fiat setzt seinen Weg fort.

Der "Range Extender" ist ein kleiner Zweizylindermotor, der im hinteren Teil des Wagens verbaut ist. Anders als bei einem konventionellen Hybridfahrzeug, wo ein zusätzlicher Motor zugeschaltet wird, sobald die Batterie nachlässt, ist der "Range Extender" eine Stütze für die Batterie. "Beim Hybrid sitzen sowohl der Verbrennungsmotor als auch die Batterie auf den Achsen", sagt Martin Hopp. Beim Reichweiten-Erhöher speist der Motor die Batterie und den Elektromotor, der wiederum die Achsen antreibt. "Aus unserer Sicht ist es eine Brückentechnologie auf dem Weg zum reinen Elektrofahrzeug", sagt Hopp.

Ziel bei Pierburg ist es, den "Range Extender" marktreif zu machen - und das zu einem für die Industrie günstigen Preis, da auch die Konkurrenz nicht schläft: Der Autokonzern BMW verbaut in seinem "i3" ebenfalls einen selbst entwickelten Reichweitenoptimierer.

Pierburg kooperiert für seinen "Range Extender" mit dem Aachener Ingenieurdienstleister FEV. Dessen verantwortlicher Projektleiter Jakob Andert hat mittlerweile eine Juniorprofessur an der dortigen RWTH Aachen übernommen - die Stelle wurde vom Pierburg-Mutterkonzern KSPG gestiftet. Das Projekt begleitet er weiterhin. "Da hängt schon das Herz dran", sagt Andert, der bereits bei der Konzeptentwicklung dabei war. Mittlerweile steckt Pierburg mitten im Marketing für den "Range Extender", stellt ihn auf Messen vor und nutzt den Fiat 500 als Vorführwagen für Kunden aus der Automobilindustrie.

Das Modell eines Kleinwagens hat der Automobilzulieferer dabei mit Absicht gewählt: "Es ist ein typisches Stadtfahrzeug", sagt Andert. Und für diese "Stadtfahrer" sind Elektroautos interessant, weil sie Kosten sparen. "Mit unserem Produkt brauchen die Autofahrer keine Angst zu haben, irgendwo liegen zu bleiben", sagt Ingenieur Hopp, der den Reichweiten-Erhöher aber auch in Mittelklassefahrzeugen sieht, da sich seine Leistung anpassen lässt.

"Unsere Vorstellung ist, dass der ,Range Extender' von der Industrie serienmäßig angeboten wird", sagt Hopp. Dann könnten die Autokunden bei dem Neukauf eines Elektroautos künftig wählen, ob sie einen "Range Extender" im Fahrzeug haben möchten. Pierburg will das zu einem Endpreis von unter 4500 Euro schaffen - und damit den Konkurrenten BMW hinter sich lassen.

(NGZ)
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