Weihnachten Zuflucht Familie Kanthiah ist wieder glücklich

Ratingen · Der Vater flüchtete aus politischen Gründen aus Sri Lanka. Seit zwei Jahren sind seine Frau und die Kinder bei ihm.

 Sie fühlen sich wohl in Ratingen (von links): Niveda Sewaraju (19), Ameshan Sewaraju (14), Sewaraj Kanthiah (46), Malarvili Sewaraju (44) und Ryalini Sewaraju (11).

Sie fühlen sich wohl in Ratingen (von links): Niveda Sewaraju (19), Ameshan Sewaraju (14), Sewaraj Kanthiah (46), Malarvili Sewaraju (44) und Ryalini Sewaraju (11).

Foto: Achim Blazy

RATINGEN Flüchten ist keine Auswanderung. Und ankommen bedeutet nicht, schlagartig eine neue Heimat zu finden. Bestenfalls ist es eine neue Sicherheit und der Ausgangspunkt für einen Neubeginn. Der 46 Jahre alte Sewaraj Kanthiah aus Sri Lanka hat es geschafft. Er ist einen vier Jahre dauernden Weg gegangen und mit seiner 44 Jahre alten Ehefrau Malarvili und den zwei Töchtern und dem Sohn jetzt da, wo er sich wohlfühlt.

Natürlich gehört dazu, dass er seine Gedanken auf Deutsch mitteilen kann, dass die Kinder sich in der Schule verständigen und erfolgreich am Unterricht teilnehmen. Aber die Familie wollte auch wieder zusammen sein - nachdem der Vater die Flucht aus politischen Gründen während des Bürgerkriegs in der Heimat Sri Lanka gewagt hatte. Zu Hause hatte Sewaraj Kanthiah eine kleine Spedition und einen Taxibetrieb, er sprach nicht nur Tamil und Singhalesisch, sondern auch Englisch. Letzteres half ein bisschen. Schon bald nahm er am Deutschunterricht für Flüchtlinge teil, den die Caritas in Absprache mit der Stadt Ratingen anbietet und auch zur Hälfte finanziert. Der Unterricht war ein Glücksfall, denn dort traf er nicht nur Menschen, die, wie er selber, von Verfolgung und Flucht traumatisiert waren, sondern auch eine Ratingerin, Sabine Schulz.

Sie erteilte den Sprachunterricht und half dabei, wie Formulardeutsch mit Schieben und Ziehen und angewandter Menschlichkeit in sinnbringende Lebenswirklichkeit umzuwandeln ist. Im Asylbewerberleistungsgesetz sind seit 1993 die sozialen Leistungen an Asylbewerber geregelt. Seit dem 6. September 2013 gilt für sie nämlich in den ersten neun Monaten ihres Aufenthalts ein Arbeitsverbot. Auch danach wird die Beschäftigung nur in Ausnahmefällen gestattet.

Mit Beharrlichkeit, Fleiß und mancher Unterstützung der überzeugenden Darstellung seiner Fluchtgründe beim Bundesamt gelang ihm schon ein Jahr später, das zu bekommen, was man gemeinhin als "Papiere" bezeichnet, nämlich einen "Blauen Pass". Das ist der Reiseausweis für Flüchtlinge oder auch Konventionspass, der an einen Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) ausgestellt wird. Er fand Arbeit, wechselte in einen VHS-Integrationskursus (normalerweise sind 600 Stunden Teilnahme vorgeschrieben). Kanthiah hat nur 100 gemacht, nach vielen Auseinandersetzungen, weil er Geld verdienen musste, sonst hätte die Familie nicht kommen können, war in der Vermittlung des Jobcenters, sparte jeden Cent: Denn Frau und Kinder durften erst dann nachreisen, wenn er sowohl für sie aufkommen konnte als auch eine nach Zimmer- und Quadratmeterzahl angemessene Wohnung gefunden hat. Manchmal fand sich eine, die nur groß genug war, manchmal stimmte nur die Anzahl der Zimmer. Schließlich siegte der gesunde Menschenverstand. Immerhin kamen Mutter, der Sohn und die Töchter in den Osterferien 2012 hier an - von der Familie in Sri Lanka unterstützt, vom Vater heftig herbeigesehnt.

Für die Kinder schien es ein eher geringes Problem zu sein, sich zurecht zu finden, waren sie doch in einer intakten Familie mit dem rechten Bewusstsein über ihre eigene Kultur und den Hindu-Glauben geborgen, wurden von ihren Eltern zum Unterricht ermutigt und konnten unbehindert ihren Unterricht aufnehmen: Die 19 Jahre alte Niveda hat ein Praktikum im Buchcafé Peter und Paula absolviert, strebt nun im Adam-Josef-Cüppers-Berufskolleg das Fachabitur an und unterrichtet die Tänze und die Sprache ihrer Heimat. Der Sohn, 14 Jahre alt, besucht die Gesamtschule, ebenso wie die elfjährige Ryalini. Der Vater hat eine Arbeitsstelle als Demontierer gefunden. Alles ist gut.

(RP)
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