Remscheid Inklusion gelingt nur im Lehrer-Duo

Remscheid · Tenor aus Schulen: Ohne Sonderschulpädagogen ist es schwierig, behinderte Kinder angemessen zu fördern.

 Gemeinsamer Unterricht um Gertrud-Bäumer-Gymnasium: Lehrer Marcel Sprunkel spricht mit Schülern. Im hinteren Teil der Klasse wird er von einer Integrations-Helferin unterstützt.

Gemeinsamer Unterricht um Gertrud-Bäumer-Gymnasium: Lehrer Marcel Sprunkel spricht mit Schülern. Im hinteren Teil der Klasse wird er von einer Integrations-Helferin unterstützt.

Foto: Jürgen Moll

Inklusion heißt, Kinder aller Begabungsstufen, mit und ohne Behinderung, in der Schule gemeinsam zu unterrichten und individuell zu fördern. Das ist eine große Herausforderung und beschert Lehrern Mehrarbeit - so lautet ein erstes Fazit aus Remscheider weiterführenden Schulen, die Förderklassen eingerichtet haben. Inklusion lasse sich nur meistern, wenn die personellen und räumlichen Voraussetzungen stimmen. Diskriminierung und gar Mobbing von Förderkindern habe es nicht gegeben.

"Mit einer Doppelbesetzung von Lehrern klappt das gut, aber die personelle Ausstattung ist ein labiles Gebilde", sagt Hilke Lamers, Koordinatorin für Inklusion am Leibniz-Gymnasium, das vergangenes Schuljahr Förderkinder aufnahm. Sie ist Klassenlehrerin dieser 6. Klasse, in der acht Förderkinder (Schwerpunkt Lernbehinderung) im zweiten Jahr unterrichtet werden. Als die Vollzeit-Sonderschulpädagogin in Mutterschutz ging, mussten die Gymnasiallehrer die Lücken füllen, um den Unterricht im Duo zu gewährleisten. Inzwischen sind wieder zwei Sonderschullehrer im Unterricht, die sich eine Stelle teilen und an zwei Wochentagen an der Schule sind - "Kofferpädagogen" heißen sie in Schulkreisen.

Auch Jürgen Gottmann, Vorsitzender der Lehrergewerkschaft GEW in Remscheid, hält die Doppelbesetzung im Unterricht für unverzichtbar. Er kenne Kollegen, die guten Willens sind, die Inklusion mitzutragen, aber auf dem Zahnfleisch gehen, wenn sie solche Klassen allein unterrichten mussten. "Das ist sehr kräftezehrend."

Wie am Leibniz-Gymnasium haben sich die Lehrer am Gertrud-Bäumer-Gymnasium in Sachen "Sonderpädagogik" fortgebildet und ein Inklusionsteam im Kollegium gebildet. "Aber es ist richtig Arbeit, den Spagat zu schaffen, alle Kinder an den Start zu bringen", sagt dessen Direktor Stephan Döring. In der Praxis heißt das: zwei unterschiedliche Arbeitsaufträge und zwei Arbeitsblätter erstellen, weil die Förderkinder ihre eigenen Lernziele haben. Sie arbeiten also an anderen, auf sie zugeschnittenen Aufgaben. Unterricht im Doppel heiße aber auch, viele Absprachen zu treffen. "Alles ist für uns pädagogisches Neuland", räumt Döring ein. Die Rahmenbedingungen seien aber gut. Zwei erfahrene Förderkollegen unterstützen das Kollegium und brachten sogar Möbel und Material mit. Und die Stadt investierte in den Umbau, um Förderräume neben den Klassenräumen zu schaffen.

Für Jörg Bergemann, Leiter der Albert-Schweitzer-Realschule, ist wichtig, "dass bei Inklusion der Qualitätsaspekt im Vordergrund steht". Wünschenswert sei die Doppelbesetzung in möglichst vielen Unterrichtsstunden. Derzeit stehen für die drei Förderklassen - 5.6. und 7. Schuljahr - auch drei Sonderschulpädagogen zur Verfügung. Um herauszufinden, wie die Lerneffekte bei allen Kindern sind, hat die Realschule die Uni Bielefeld für eine Evaluation gewinnen können. Befragt werden Eltern und Schüler.

(RP)
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