Lokalsport Das Duell mit den Big Boys

Neuss · Simone Schuft (40) aus Neuss hat beim Rennboot-Klassiker "24 Stunden von Rouen" die Sensation geschafft. In der Classe 3, der Formel 1, belegte sie Rang zwei.

Lokalsport: Das Duell mit den Big Boys
Foto: Schuft-Racing

Sie ist keine Anfängerin. Bereits fünfmal raste Simone Schuft mit ihrem Powerboot beim legendären 24-Stunden-Rennen im französischen Rouen mit Karacho um die kleine Seine-Insel Ile Lacroix. Auch auf dem Treppchen stand die Neusserin schon. Doch dieser Coup traf selbst die erfahrene Pilotin vollkommen unerwartet: Gleich beim Debüt in der Classe 3 - die Königsklasse und damit so etwas wie die Formel 1 der Wasserraketen - belegte sie mit ihrem französischen Rennstall Bourgeot Racing-Team (BRT) den zweiten Rang. Ein spektakuläres Glücksgefühl, das die 40-Jährige mit zurück an den Rhein genommen hat: "Platz zwei in der höchsten Klasse, das ist nicht zu toppen. Phänomenal! Ja, tatsächlich eine Sensation!"

Sensationell auch ihr Mut, sich der neuen Herausforderung zu stellen. Im Team Neptune Inshore, das nach einem beeindruckenden Unfall in Polen diesmal kein eigenes Boot an den Start zu bringen vermochte, hatte sie sich bislang in der Classe 2 ins Motorsport-Abenteuer gestürzt. Auch keine Micky-Maus-Klasse - und doch eine komplett andere Welt: In der Formel 1 bringt der 350 PS-starke Mercury-Außenbordmotor das Boot auf eine Höchstgeschwindigkeit von 250 km/h, in der Formel 2 ist mit 225 Pferdestärken schon bei Tempo 200 Schluss.

Trotzdem zögerte Simone Schuft keine Sekunde, als ihr Teamchef, Bootseigner und Mitpilot Alexandre Bourgeot einen Platz im Team BRT, für das sie bereits 2010 in der Classe 2 gefahren war, anbot. Schon bei der ersten und einzigen, knapp 40-minütigen Trainingseinheit in Amfreville-la-Mi-Voie wurde ihr bewusst: "Nun spielst du also bei den big boys, den großen Jungs. Von der Grande Classe wird mit sehr viel Achtung gesprochen - und so begegnete man mir auch in Rouen."

Das Rennen begann für sie und ihr Team, zu dem neben Alexandre Bourgeot noch Franck Revert und Marie-Line Hericher gehörte, freilich mit einem Rückschlag Denn weil die Deutsche bis am Abend vor dem Start in ihrem Job als Unternehmensberaterin bei BearingPoint in Düsseldorf gefordert war, verpasste sie die für alle Piloten eigentlich verpflichtende Fahrerbesprechung. Die fünf Strafrunden nahm ihr Teamchef allerdings locker: "24 Stunden sind lang, da kommt es auf fünf Runden nicht an."

Ohnehin war ihr rund 730 Kilogramm schweres Boot - die zum Teil deutlich schnelleren Konkurrenten brachte durchschnittlich 150 Kilogramm weniger auf die Waage - vor allem auf Konstanz ausgerichtet. Eine Taktik, die voll aufging, weiß Simone Schuft zu berichten: "Wir nutzten die Zeiten, die die anderen im Stand verbrachten, um Reparaturen zu erledigen, auf dem Wasser. Während ihre Motoren aufgaben, hielt unserer bis zum Schluss."

Vier Stints (Einsätze) hatte die 40-Jährige zu absolvieren: Drei am ersten Tag - von 12.45 bis 14.05 Uhr, zwischen 18 und 19.30 Uhr sowie von 23.50 bis 1 Uhr - und einen am zweiten (zwischen 12.30 und 14 Uhr). Besonders anspruchsvoll und fordernd ist das Fahren in der Nacht, "der Teil des Rennens", sagt Simone Schuft, "der uns alle beeindruckt und mit großer Ehrfurcht erfüllt. Das Manövrieren ist jedoch grundsätzlich schwierig, vor allem bei starkem Wind, und erfordert dauernde Konzentration - Ablenkungen bleiben da nicht folgenlos." Doch das Team BRT kam bei seiner Premiere in der Königsklasse nicht nur an, sondern belegte sogar Platz zwei, lediglich geschlagen vom alles überragenden Weltmeister Philippe Chiappe mit seinem Team Drakkar Inshore/Nollet. "Wir als Außenseiter zusammen mit dem Platzhirsch auf dem Podium - ein bewegender Moment", sagt die Neusserin, die am 11./12. Juli nun gerne auch im polnischen Augustów starten würde. "Das ist letztlich eine Frage des Budgets. In diesem Sport kannst du kein Geld verdienen, du kannst nur welches reinstecken."

(NGZ)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort