Lokalsport Die Nervosität wird ihr Begleiter bleiben

Büttgen · Mit dem Start bei den Deutschen Marathon-Meisterschaften in Bielefeld verabschiedet sich Speedskaterin Silke Röhr am Sonntag aus der Altersklasse der Dreißigjährigen. An ein Karriereende denkt die WM-Dritte aber noch lange nicht.

Ob ihr bei ihrem letzten Start in der Altersklasse 30/35 der Sprung aufs Podium gelingt, ist nicht sicher. Sicher ist aber, dass Silke Röhr am Sonntag, wenn in Bielefeld die Deutschen Speedskating-Meisterschaften über die Marathondistanz ausgetragen werden, wieder so ein flaues Gefühl in der Magengegend haben wird.

"Ich bin immer total nervös", sagt die 39 Jahre alte Zahnarzthelferin aus Königswinter, die seit fünf Jahren für die Speedskater Düsseldorf innerhalb des VfR Büttgen an den Start geht. Daran haben auch die 27 Medaillen, die sie in diesem Zeitraum bei nationalen und internationalen Meisterschaften sammelte, nichts geändert. Im Gegenteil: "Je älter ich werde und je mehr Rennen ich fahre, desto schlimmer wird es", sagt Silke Röhr. Die, das hat sie in vielen Gesprächen mit Kolleginnen und Konkurrentinnen erfahren, in der Speedskater-Szene damit aber offensichtlich nicht alleine steht.

Darum glaubt sie auch nicht, dass sich das mit dem Aufrücken in die nächste Altersklasse ändern wird. Überhaupt, meint Silke Röhr, wird es in der AK 40 nicht viel anders zugehen als bisher. Ruhiger ganz bestimmt nicht: "Die Klasse ist zahlen- und leistungsmäßig die stärkste." Und das liegt nicht allein daran, dass Claudia Pechstein (42), die fünffache Olympiasiegerin im Eisschnelllauf, inzwischen recht erfolgreich die Skaterszene aufmischt. "Ganz vorne mitzufahren wird auf jeden Fall schwer", weiß Silke Röhr. Das sieht sie auch an den Ergebnissen ihrer inzwischen auch privat zu einer Freundin gewordenen, drei Jahre älteren Teamkollegin Silke Zimmermann - die ist auf den Rollen fast genau so schnell unterwegs, landet in der AK 40 aber nicht immer in den Medaillenrängen.

Für Silke Röhr sind ihre Erfolge -die größten waren die WM-Titel über Marathon 2009 und 2013 - schon ein Ansporn, auch wenn sie ihre eindrucksvolle Bilanz mitunter selbst nicht so recht glauben kann: "Ich lese dann im Internet die Artikel und denke: Das bist du?"

Denn geplant war die Medaillenjagd zu Beginn ganz und gar nicht: "Als ich 2007 meine ersten Wettkämpfe gefahren bin, habe ich nicht im Traum daran gedacht, mal so erfolgreich zu sein." Der "Durchbruch" kam 2009 mit dem Wechsel aus einem Kölner Verein zu den Speedskatern, die ein Jahr zuvor eine eigenständige Abteilung innerhalb des VfR Büttgen geworden waren. Als sie im gleichen Jahr, nach immerhin drei Deutschen Meistertiteln und Platz drei bei den Europameisterschaften, zur Masters-WM ins italienische Teolo gefahren sei, habe sie noch gedacht: "Was willst du hier eigentlich?" Der überraschende Titelgewinn - "eigentlich wollte ich nur nicht letzte werden" - beantwortete diese Frage dann von selbst.

Und machte Lust auf mehr. 20 bis 30 Rennen bestreitet die 39-Jährige inzwischen pro Jahr, nimmt dafür auch manche weite Anreise in Kauf. "Inzwischen sind wir dafür ein richtiges Team geworden", sagt sie mit Blick auf Silke Zimmermann, Andreas Lichtenstein sowie ihren Ehemann Christoph Röhr, die meist gemeinsam unterwegs sind und vor oder nach einem Rennen auch schon mal ein paar Tage vor Ort bleiben. "Meine Erfolge habe ich vor allem meinem Mann zu verdanken", sagt Silke Röhr. Und das nicht nur, weil er ihre Trainingspläne schreibt, "sondern praktisch alles rund um meine Wettkämpfe organisiert."

Dass sie ihn partout nicht überreden kann, gleichfalls das Büttgener Trikot überzustreifen - Christoph Röhr startet für das Cologne Speed Team - wurmt sie freilich ein bisschen: "Schließlich ist das so ein toller Verein", sagt sie mit Blick auf die Speedskater um Abteilungsleiter Frank Weber. Und dass sie stets zu allen Sportlerehrungen eingeladen werde und ihr der VfR-Vorsitzende Franz-Josef Kallen "immer persönlich so nett gratuliere", hält sie auch nicht für selbstverständlich: "Schließlich komme ich ja nicht von hier." Nur die Nervosität vor dem Wettkampf, die haben ihr weder Frank Weber noch ihr Mann austreiben können - schon gar nicht, wenn sie wie am Sonntag in Bielefeld als Titelverteidigerin an der Startlinie steht.

(NGZ)
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