Korschenbroich Jäger erschießt Schäferhund im Wald

Korschenbroich · Hundehalterin Betty Lübbers (47) trauert um Ildiko. Sie hat jetzt Strafanzeige erstattet. Ein Jäger hat ihren Therapiehund im Neersbroicher Wald erschossen. Er wehrt sich gegen Schuldvorwürfe und erhält Zustimmung vom Jagdpächter.

Seit Tagen geistert die tragische Geschichte von einem toten Hund durch Neersbroich. Das Tier soll im angrenzenden Wald von einem Jäger willkürlich erschossen und verscharrt worden sein. Mittlerweile hat die Besitzerin Betty Lübbers (47) Strafanzeige gestellt. Sie trauert um ihre drei Jahre alte Schäferhündin Ildiko. Mit dem Tier hatte sie gerade eine einjährige Ausbildung zum Therapiehund abgeschlossen und wollte sich mit Ildiko eine berufliche Existenz aufbauen.

Hans-Otto Bolten, der das Waldstück am Rande von Neersbroich gepachtet hat und damit Jagdausübungsberechtigter ist, wurde von dem Vorgang von seinem Jagdfreund Fred P. (Name geändert) zeitnah informiert. Für den Herrenshoffer hat sich der Jäger aus Giesenkirchen völlig korrekt verhalten: "Der Schäferhund hat zwei Rehe gejagt, davon war eines auch noch hochträchtig." Für Bolten musste Fred P. nach dem Abfeuern eines Warnschusses als Jagdausübungsberechtigter handeln: "Das ist seine Aufgabe."

So sieht es auch Fred P., der seit fast 50 Jahren im Neersbroicher Wald im Einsatz ist. Der 77-Jährige, der den Vorfall zunächst bei der Polizei in Gladbach zur Selbstanzeige gebracht hat, erklärte gestern gegenüber unserer Zeitung: "Das ist kein Beweis für ein Schuldgefühl." Der Giesenkirchener spricht von einer juristischen und einer emotionalen Seite. "Juristisch ist es meine Pflicht, das Wild zu schützen, zu hegen und zu pflegen", verteidigt Fred P. sein Handeln im Wald. "Emotional bin ich auch betroffen", beteuert er. Seine Töchter hätten selbst fünf Hunde. Und so spricht Fred P. von einem "tragischen Fall": "Ich schäme mich nicht zu sagen, dass ich Tränen in den Augen hatte, als ich die Betroffenheit der Hundehalterin gesehen habe."

Betty Lübbers ist immer noch betroffen. Tief traurig erzählt die schwerkranke Frau von Ildiko. "Wir haben das Tier vor gut drei Jahren als Welpen bekommen. Es hat uns so viel Freude bereitet." Für ihren 14 Jahre alten Sohn und für sie war der stattliche Schäferhund mehr als nur ein guter Freund. "Ildiko war für mich eine unglaubliche Kraftquelle, sie spendete mir Trost, wann immer ich ihn brauchte." Als Krebs-Patientin braucht die gelernte Krankenschwester davon besonders viel. Aber auch als Arbeitspartner wusste Betty Lübbers Ildikos Qualitäten als Therapiehund zu schätzen. Sie war schon mehrfach mit dem Hund in Kindergärten und Senioreneinrichtungen gewesen. "Ich hatte bereits mehrere Job-Angebote. Ich musste nur meinen Krankenhausaufenthalt abwarten." Bedrückt stellt Betty Lübbers weiter fest: "Jetzt ist auch noch meine berufliche Existenz zerstört." Was sie sich persönlich vorwirft: "Der Hund ging die ganze Zeit bei Fuß und dann habe ich einen Moment nicht aufgepasst."

Als sie den Warnschuss von Fred P. hörte, war es eigentlich schon zu spät. Wenige Augenblicke später folgte der zweite Schuss. Das Tier kam jaulend mit einer blutigen Flanke auf sie zugelaufen. Ihr Sohn blieb bei Ildiko und sie rannte los, um ihr Auto zu holen. "Ich wollte so schnell wie möglich zum Tierarzt", sagt Betty Lübbers. Ihre Stimme wird ganz leise, kaum noch hörbar: "Als ich zurückkam, war mein Hund schon tot." Trost findet die 47-Jährige nicht nur bei Freunden: "Ich habe viel Zuspruch von Mitgliedern der Kreisjägerschaft Gladbach erhalten. Sie verstehen das alle nicht."

An Aufklärung ist auch die Kreisjägerschaft interessiert. "Der Vorfall hat bei uns hohe Wellen geschlagen", sagt Vize-Vorsitzender Detlef Vischer. Er will den Vorfall aber nicht kommentieren, "dafür weiß ich zu wenig": "Wir sind dagegen, dass Hunde erschossen werden. Wir wollen ein friedliches Miteinander von Jägern und Spaziergängern."

Gestern ist die Strafanzeige von der Polizei Mönchengladbach bei den zuständigen Kollegen in Kaarst eingegangen. Das bestätigte Kreispolizeisprecherin Diane Drawe auf Anfrage. Ob ein möglicher Verstoß gegen das Tierschutzgesetz vorliegt, wird nun die Staatsanwaltschaft Düsseldorf entscheiden.

(NGZ/url)
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