Bergischer HC Gummersbach gewinnt einseitiges Derby

Solingen · In der Kölner Lanxess-Arena läuft Handball-Erstligist Bergischer HC ab der 6. Minute einem Rückstand hinterher und verliert 25:34.

 So frei wie hier war BHC-Rückraumspieler Alexander Hermann (am Ball) gegen Gummersbach (Andreas Schröder und Julius Kühn, von links) vor allem in der zweiten Hälfte: Sechs seiner acht Tore erzielte der Österreicher in Durchgang zwei. Helfen konnte das den Gastgebern in der Lanxess-Arena nicht mehr.

So frei wie hier war BHC-Rückraumspieler Alexander Hermann (am Ball) gegen Gummersbach (Andreas Schröder und Julius Kühn, von links) vor allem in der zweiten Hälfte: Sechs seiner acht Tore erzielte der Österreicher in Durchgang zwei. Helfen konnte das den Gastgebern in der Lanxess-Arena nicht mehr.

Foto: Peter Meuter

Die Musikregie in der Kölner Lanxess-Arena hatte einen seltsamen Humor: Beim Treffer von Uros Vilovski in der 57. Minute spielte sie das Songstück "Hey, das geht ab - wir feiern die ganze Nacht" ein. Zum Feiern war dem Kreisläufer des Bergischen HC wie seinem Team trotz dieses Tores zu diesem Zeitpunkt aber schon lange nicht mehr - es war der Treffer zum 25:33 aus Sicht der Gastgeber. Am Ende hatten sie im Bergischen Derby der Handball-Bundesliga gegen den VfL Gummersbach mit 25:34 verloren. Katerstimmung beim BHC, Feierlaune gab es nur bei den Gästen.

So durfte VfL-Torwart Carsten Lichtlein sehr zufrieden feststellen: "Das Derby ist immer ein besonderes Spiel. Dass es dann so ein Spiel wurde, hat uns schon überrascht." Der Keeper, der neben einer starken Leistung im Kasten auch seine ersten beiden Bundesliga-Tore bejubeln durfte, weil er den Ball zum 6:3 und 23:15 jeweils ins wegen eines zusätzlichen Feldspielers verwaiste BHC-Tor geworfen hatte, fand: "Unsere aggressive, stabile Abwehr war der Grundstein für den Sieg. Wir haben unsere Leistung gebracht." Sein Halblinker Julius Kühn ergänzte: "Lütti (Lichtlein, Anm. d. Red.) hat überragend gehalten hinter der super Abwehr. So sind für uns einfache Tore gefallen in der ersten und zweiten Welle. Ab der 15. Minute haben wir immer geführt und dann unseren Stiefel runtergespielt." Der Nationalspieler war mit sieben Toren treffsicherster Werfer des VfL.

Die meisten Tore gestern Nachmittag erzielte zwar Alexander Hermann, freuen konnte sich der Halblinke des BHC darüber aber angesichts des Ergebnisses natürlich nicht. So musste sich der Österreicher ärgern: "Am Anfang machen wir die freien Dinger nicht. Das tut gegen so eine Mannschaft mit ihrer starken 6:0-Abwehr unglaublich weh." Tatsächlich erspielte sich der BHC einige gute Chancen, riss aber immer wieder selber ein, was er sich aufbaute: Nach dem 2:2 durch Gummersbachs Christoph Schindler wurden Kristian Nippes Schritte abgepfiffen, einen Angriff später unterlief Hermann ein Fehlpass auf Christian Hoße, im Angriff darauf warf Nippes am Tor vorbei - Gummersbach traf dagegen konsequent und stellte auf 4:2. Da war natürlich noch nichts verloren, aber es wurde nicht besser: Hoße, der sich sicher einen angenehmeren Spielverlauf nach seinem 28. Geburtstag am Samstag vorgestellt hatte, wurde auf Außen freigespielt, seinen Heber fing aber Lichtlein und warf ihn - wie erwähnt - ins leere Tor, der nächste Angriff verpuffte erneut, und Simon Ernst stellte auf 7:3 für den VfL. Die Chancen waren da, das Spiel offener zu gestalten, nur nutzte der BHC sie nicht. Hermann ergänzte: "Und wenn du es selber nicht schaffst, Konter zu laufen, wird es schwer, im Positionsangriff zu Toren zu kommen."

Da setzte dann auch Tomás Babák an. "Wir kommen nicht in die Bewegung - dann ist es schwierig, Tore zu machen." Der neue Mittelmann des BHC hat noch erkennbar Respekt vor der Bundesliga, doch das muss er in den nächsten Wochen ablegen. Die Abläufe im Angriff sind sein Aufgabengebiet, wenn er für Alexander Oelze, der gestern einen sehr durchwachsenen Tag erlebte, auf der Platte steht. "Wir haben klare Spielzüge", erläuterte Babák. "Aber wir suchen noch unsere Ruhe, wo wir locker spielen können. Wir müssen mit mehr Bewegung spielen, nicht so statisch im Eins-gegen-Eins. Deswegen haben wir Probleme, einfache Tore zu machen."

Sein Trainer Sebastian Hinze musste Gummersbach gratulieren zu einem "auch in der Höhe" verdienten Sieg. Er analysierte: "Nach der Anfangsphase, wo wir unseren Plan verfolgt haben, waren es Kleinigkeiten, in diesem Fall zwei, drei Hundertprozentige, die wir nicht nutzen, wodurch die Sicherheit weg war. Ab da fehlt die Struktur im Spiel, und zur Halbzeit ist es minus fünf. Dann ist Gummersbach so stabil, das runterzuspielen." Anschließend stellte sich Hinze vor seine Spieler: "Die Verantwortung dafür liegt natürlich bei mir. Wir haben einen Plan gehabt, wie wir da reingehen, aber in stressigen Phasen haben wir nicht die Antworten gehabt. Da muss ich mir was einfallen lassen. Wir haben noch nicht die richtigen Hilfen gefunden, um solche Phasen zu überstehen. Damit fangen wir morgen an."

Sein Gegenüber, Emir Kurtagic, war verständlicherweise bestens gelaunt: "Erst einmal Riesenglückwunsch an mein Team", sagte der Gummersbacher. "Meine Mannschaft hat eine super Leistung abgerufen, war von Anfang an hoch konzentriert. Wir hatten den Anspruch an uns gestellt, hier Punkte mitzunehmen, obwohl wir wussten, dass sich der BHC nach der Niederlage in Leipzig (21:30, d. Red.) gut präsentieren und über Aggressivität ins Spiel finden wollte. Aber wir waren über 60 Minuten die bessere Mannschaft - in allen Belangen." Nach diesem klaren Derby-Sieg erntete er keinen Widerspruch. Anschließend durfte er feiern. Dass es wie im Song "die ganze Nacht" ging, ist indes nicht sehr wahrscheinlich.

(ame)
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