Kreis Viersen 124 Abschiebungen gab es kreisweit

Kreis Viersen · Neben Alimadad N. wurde auch Flüchtling, der zuletzt in Willich gelebt hatte, nach Afghanistan abgeschoben. Auch er war straffällig geworden. Zwei von insgesamt 124 Abschiebungen im Kreis, 449 Menschen reisten freiwillig aus.

 Die Grafik zeigt, in welche Länder abgeschoben wurde.

Die Grafik zeigt, in welche Länder abgeschoben wurde.

Foto: dpa

Neben dem 20 Jahre alten aus Afghanistan stammenden Flüchtling Alimadad N., der zuletzt in Tönisvorst gelebt und das Berufskolleg in Kempen besucht hatte, wurde ein zweiter Flüchtling aus dem Viersener Ostkreis am 12. Dezember vergangenen Jahres per Flugzeug in seine afghanische Heimat abgeschoben. Es handelt sich um den mittlerweile 22-jährigen Babor S. Er lebte zuletzt in Willich.

Wie aus dem Antwortschreiben von Landrat Dr. Andreas Coenen an den Vorsitzenden der Kreistagsfraktion der Grünen, Jürgen Heinen, weiter hervorgeht, war auch Babor S. während seines Aufenthaltes in Deutschland straffällig geworden. Er war wegen eines Gewaltdelikts rechtskräftig verurteilt worden.

Der jetzt 22-Jährige war bereits Mitte Juni 2013 nach Deutschland eingereist. Sein Asylantrag, so ist dem Schreiben des Landrates zu entnehmen, wurde schon Anfang September 2013 vom zuständigen Bundesamt für Migration und Flüchtlinge abgelehnt. Diese Entscheidung war nach einem Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf seit April 2015 rechtskräftig. Freiwillig habe Babor S. nicht ausreisen wollen, Duldungsgründe hätten nicht vorgelegen, so sei er zur Abschiebung angemeldet worden, so der Landrat. "Generell ist es so, dass eine Ausbildungsduldung bei einem Strafmaß von mehr als 50 Tagessätzen nicht erteilt werden kann", erklärte Kreispressesprecher Markus Wöhrl auf Anfrage der Rheinischen Post. Welche konkreten Straftaten die beiden im Dezember abgeschobenen Flüchtlinge begangen haben, ist weiterhin nicht bekannt. Wie viele der abgeschobenen Personen eine Straftat begangen haben, können die Ausländerämter nicht sagen. Früher hatte eine Straftat kaum Auswirkung auf das Asylverfahren. Seit Inkrafttreten des so genannten Asylpakets II im März 2016 ist es für die Ausländerbehörden leichter, straffällige Asylbewerber auszuweisen. Jede Strafe kann eine Ausweisung begründen. Bezogen auf Viersen, so schätzt ein Kenner der Szene, liege in 50 Prozent der abgeschobenen Einzelpersonen eine Straftat vor.

Über Gefährder unter den ausgewiesenen Flüchtlingen gibt weder die Kreisverwaltung noch die Kreispolizeibehörde Auskunft. "Unabhängig von der Staatsbürgerschaft gehen wir für Mönchengladbach und den Kreis von einer einstelligen Zahl aus", heißt es bei der Polizei Mönchengladbach.

124 Abschiebungen leiteten der Kreis und die Stadt Viersen 2016 in die Wege, holten die Menschen früh morgens in ihren Wohnungen ab, brachten sie zum Flughafen oder zu den Sammelstellen. Zwei Drittel der Abschiebungen - 83 von 124 - erfolgte in Westbalkan-Staaten. 449 Menschen, deren Asylantrag abgelehnt wurde, reisten freiwillig aus. Die Stadt Viersen hat eine eigene Ausländerbehörde. Bei allen anderen Kommunen ist das Sache des Kreises. "Abschiebung ist immer eine Ultima Ratio", sagt Christoph Hünnekes, Leiter der Ausländerbehörde der Stadt Viersen. "Es ist menschlich immer schwierig. Wir versuchen zu helfen, wo wir können, indem wir zum Beispiel die Tickets besorgen." In 70 bis 80 Prozent fordert die Stadt dennoch Unterstützung von der Polizei an. "Man weiß nie, wie ein Familienvater in Verzweiflung reagiert."

(RP)
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